Finanzielle Unterstützung für Musikproduktionen
Wer macht die Musik?
Auch wenn CDs einen Bruchteil von dem kosten, was einst die Schallplatte in der Herstellung kostete, brauchen Musikschaffende zu ihrer Herstellung finanzielle Unterstützung. Genau dafür wurde im Oktober 2005 der Österreichische Musikfonds gegründet.
8. April 2017, 21:58
Harry Fuchs, Geschäftsführer des Musikfonds
Wer macht die Musik? Die Komponisten und Komponistinnen werden Sie sagen, bei den Sängern von Bauchklang, die bereits eine Produktion mit dem Musikfonds gemacht haben, sind es die Interpreten selbst.
Wer stellt sie her, die Musik? Die Tonträger Industrie. Auch wenn CDs einen Bruchteil davon kosten von dem, was einst die Schallplatte in der Herstellung kostete - schon die Schallplattenhülle war unter 14.000 Schilling, umgerechnet also 1000 Euro, nicht zuproduzieren - brauchen Musikschaffende zu ihrer Herstellung finanzielle Unterstützung.
So finanziert sich der Fonds
Genau dafür wurde im Herbst 2005 der Österreichische Musikfonds gegründet, gespeist aus staatlichen Geldern und Geldern aus den Tantiemenverwertungsgesellschaften bzw. Dachorganisationen der Wirtschaft wie etwa der Wirtschaftskammer.
Harry Fuchs ist der Geschäftsführer des Musikfonds. Er hat unter anderem für die AKM eine Studie gemacht, die Defizite in der österreichischen Musikwirtschaft orten.
Vergabe durch eine Jury
Nach einem Jahr, drei so genannten Calls, also Einladungsserien, 73 Förderzusagen, 22 veröffentlichten Produktionen und 700.000 Euro an vergebenen Mitteln, kann man Bilanz ziehen: Der Vergabemodus durch eine Jury hat sich bewährt, Harry Fuchs, der Leiter, sieht im Musikfonds eine Qualitätsmarke entstehen.
Investition, nicht Bettelei
Aus eins mach vier: Wer in Musikwirtschaft investiert, vermehrt sein Vermögen. Das wissen wir schon lange, spätestens seit der Studie des ehemaligen Rektors der Wiener Wirtschaftsuniversität, Fritz Scheuch, die 1994 zur Gründung des Musikinformationszentrums (Mica) führte.
Trotzdem arbeiten die einzelnen Förderinstitutionen in Österreich noch immer recht isoliert, der Musikfonds zum Beispiel ist außerhalb des Mica angesiedelt.
Begrenzter Aktionsradius
Jede einzelne Institution erkennt zwar die Defizite, hat aber nur einen begrenzten Blickwinkel und Aktionsradius, was weitere Förderungen und Maßnahmen betrifft. Harry Fuchs weiß die Möglichkeiten des Musikfonds zu schätzen, aber er weiß auch um die Grenzen der derzeitigen Fördermöglichkeiten - die für ihn vor allem in der Dotierung liegen. Die Jury wählt mehr Projekte als förderungswürdig aus, als Mittel vergeben werden können.
Seit kurzem arbeitet der Musikfonds auch an der Promotion der Künstler und Künstlerinnen bei Live-Auftritten, ein Tourbus kann zur Verfügung gestellt werden.
Wer zahlt, schafft an
"Derf i was spendieren?" singen Roland Neuwirths Extremschrammeln im Album "Wien g'spürn", das mit Unterstützung des Musikfonds für Warner produziert wurde. Das Vienna Art Orchestra produzierte das Album "Swings and Affairs" für Universal. Wer zahlt, schafft an. Die oder der Fördernde ist immer auch Dramaturg, Mitschaffender, letztlich Mitschöpfer.
Beim Musikfonds liegt die dramaturgische Arbeit in den Händen einer Jury aus überwiegend aus dem Pop-Geschäft kommenden, überwiegend männlichen Entscheidungsträgern, die sich von externen Beratern auch E-Musik-Kompetenz holen. Eine der E-Musik-Kompositionen, die entstand: "Exiles" mit Judith Kopecky und Julia Tinhof, im Vertrieb der Extraplatte.
Kalkulationsplan und Kritik
Rahmenbedingungen - mehr können die im Netzwerk Tätigen nicht tun, ein Kunstwerk ist nicht bestellbar, abrufbar. Die Rahmendingungen des Österreichischen Musikfonds: Der oder die Musikschaffende muss einen Kalkulationsplan vorlegen, der relativ genau einzuhalten ist. Der Musikfonds übernimmt die Hälfte der Kosten. Die andere Hälfte muss von der Antragstellerin oder dem Antragsteller, also dem Produzierenden, aufgebracht werden.
Wann immer es Strukturförderung in der Musikwirtschaft Österreichs gibt, gibt es Kritik daran. Die Kritik am Vergabemodus formuliert Christina Zurbrügg, die gerade eine CD mit Unterstützung des Musikfonds produziert. So toll die neue Förderung sei, die Schwierigkeit liege in der mangelnden Verbreitung der geförderten Produkte.
Vermarktungsstrategie erforderlich
Der Musikfonds entkräftigt die Kritik, er wünscht dezidiert im Antrag eine Vermarktungsstrategie, einen Vertriebsplan. Die Radiosender Österreichs kann er auch nur begrenzt beeinflussen. Das Modell Musikfonds ist jedenfalls jetzt schon so stimmig, dass Österreichs Nachbarländer - Deutschland zum Beispiel - es kopieren wollen.
Derzeit läuft die Juryauswahl für den Herbst-Call, der nächste Call ist für das Frühjahr 2007 geplant. Wir wünschen allen Einreichenden viel Glück.
Mehr zu Christina Zurbrügg in oe1.ORF.at
Hör-Tipp
Intrada, Freitag, 29. November 2006, 10:05 Uhr
Links
Österreichischer Musikfonds
Mica
Bauchklang
Extremschrammeln
Vienna Art Orchestra
Christina Zurbrügg