"The Magic Flute" bei Sellars' Mozart-Festival
Sophiline Cheam Shapiro
Die "Zauberflöte" auf kambodschanischer Sicht: glitzern Kostüme aus Blattgold, Göttinnen tanzen durch die Luft, weise Schlangen tauchen auf und die traditionelle Musik wird mit der jüngsten Vergangenheit verknüpft. Zu erleben bei New Crowned Hope.
8. April 2017, 21:58
Peter Sellars über Sophiline Cheam Shapiro
Sie sind eine Gruppe von 28 Sängern, Musikern und Tänzern namens "Pamina Devi". Standort Phnom Penh, Kambodscha. Allesamt Absolventen der Königlichen Universität der Schönen Künste und der Abteilung für Schauspiel. Im vergangenen Februar hat die Gruppe im Chenla Theater, mitten in der Hauptstadt, ihr Stück aufgeführt, "ein neues Tanztheater", wie sie es stolz nennen: "Mozarts Magic Flute Revisited".
Begeisterung in Kambodscha
Das kambodschanische Publikum war begeistert und er glücklich, erzählt Proeung Pruon, einer der Musiker von "Pamina Devi". Er spielt das traditionelle Instrument seines Landes, das "Roneat Tong", ein Xylophon aus Bambushölzern, mit Wachs und Leder zusammengezurrt.
Nach der Aufführung kamen die Leute aus dem Publikum angelaufen; sie klatschten und jubelten, erzählt der Musiker. Die Handlung von Mozarts "Magic Flute" gefiel ihnen, sie mochten den Tanz und die Musik.
"Magic Flute" in Schönbrunn
Peter Sellars freut sich über "The Magic Flute", das die kambodschanische Regisseurin und Choreografin Sophiline Cheam Shapiro auf die Bühne gebracht hat. Am 8. Dezember dieses Jahres wird sie dieses erste abendfüllende Ballett aus Kambodscha bei New Crowned Hope in Wien im Schönbrunner Schlosstheater zeigen.
Sophiline Cheam Shapiro arbeitet in Phnom Penh und Kalifornien. Sie verwebt Versatzstücke aus der westlichen Oper mit der östlichen Kultur. In Mozarts "Magic Flute" glitzern Kostüme aus Blattgold; Göttinnen tanzen durch die Luft; weise Schlangen tauchen auf; und die traditionelle Musik wird mit der jüngsten Vergangenheit verknüpft.
Mozart und Pol Pot
Die Königin der Nacht steht für die kambodschanische Königsfamilie, die weiterhin alle Macht in Händen hält. Die Gegenspieler sind eine Gruppe linker Intellektueller, wie damals zu Zeiten von Pol Pot. Pol Pot ließ die Tänzer töten, Kostüme und Bühnenbilder wurden verbrannt.
Sophiline ist Jahrgang 1967; sie hat den Einmarsch Pol Pots in Phnom Penh 1975 als Schulkind erlebt. Die Künstlerin lässt ihre eigene Lebensgeschichte einfließen in diese, wie es im Programmheft heißt, verstörende Zauberflöteninterpretation.
Proben in Phnom Penh
Im Moment sitzen sieben der Musiker, Sänger und Tänzer von "Pamina Devi" in Phnom Penh zusammen, in einem kleinen, stickigen Künstlerbüro in der 63. Straße.
Hun Sarath, die Chorsängerin, gibt eine Kostprobe kambodschanischen Gesangs. Die Tänzerin Sam Satia ist hier, Sam El und Yim Savann, zwei Mittzwanziger, die in der "Magic Flute" als Leibwächter Ballett tanzen.
Künstler verdienen schlecht
Er lebt bei seinem Onkel, erzählt Yim Savann, und er bekommt Geld von seinen Eltern. Es ist schwer, sich in Kambodscha als Künstler über Wasser zu halten mit einem monatlichen Verdienst von nur rund 25 Dollar. Sie alle sind auf die Hilfe der Familie angewiesen; manche im Ensemble unterrichten nebenbei - Gesang, Tanz oder ein Instrument.
Und was würde Mozart sagen, wenn er die kambodschanische Version seiner Zauberflöte hören könnte? Ganz klar, sagt der Flötist Nol Kol selbstbewusst, er würde die Kreativität des Ensembles bewundern, die Künstler loben und sich freuen über diese "Magic Flute".
Mehr zu Mozart 06 in oe1.ORF.at
Veranstaltungs-Tipp
New Crowned Hope, 14. November bis 13. Dezember 2006,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (15 Prozent).
Links
Calling Mozart - Station 44: Neugekrönte Hoffnung
Wiener Mozartjahr 2006 - New Crowned Hope
PBS - Porträt Sophilines in englischer Sprache
KCRW - Interview mit Sophiline Cheam Shapiro
New Crowned Hope