Eine der besten Verteidigungsreihen Europas
Serbien und Montenegro
Am 9. Juni beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Einen Monat lang wird "König Fußball" das dominierende Thema in den Medien und der Gesellschaft sein. Bis dahin stellt Ihnen oe1.ORF.at die 32 teilnehmenden Nationen vor.
8. April 2017, 21:58
Für Serbien und Montenegro wird das Jahr 2006 nicht nur das wichtigste, sondern womöglich auch das letzte in der kurzen Geschichte des Landes sein. Denn der ohnehin nur auf Druck der Europäischen Union entstandene Nachfolgestaat von Slobodan Milosevics Rumpfjugoslawien droht schon in diesem Frühjahr auseinander zu brechen.
Spätestens im April, so hat es der montenegrinische Ministerpräsident Milo Djukanovic mehrfach angekündigt, dürfen die kaum mehr als sechshunderttausend Einwohner der gebirgigen Adriarepublik - das sind neben Montenegrinern vor allem Serben, Albaner und die in der Grenzregion des Sandzak lebenden Bosniaken - in einem Referendum über die Unabhängigkeit von Serbien abstimmen.
Die meisten Umfragen legen nahe, dass gerade die muslimischen Minderheiten der Albaner und Bosniaken die Abstimmung entscheiden werden, denn sie wollen entschieden nichts mehr mit Belgrad zu tun haben, das auch Jahre nach dem Sturz Milosevics im Oktober 2000 noch böse Assoziationen bei ihnen hervorruft.
So könnte es bei der WM in Deutschland zu der recht bizarren Situation kommen, dass eine Mannschaft im Namen eines Staates antreten wird, der nicht mehr existiert. Offiziell wird sich an der Bezeichnung des Teams jedoch nichts ändern, wie der Sprecher des serbisch-montenegrinischen Fußballverbandes Aleksandar Boskovic bestätigt: "Die Regeln der Fifa besagen, dass eine Mannschaft unter dem Namen zu einem Wettbewerb antritt, unter dem sie sich qualifiziert hat." Damit könnte eine Elf namens "Serbien und Montenegro" theoretisch sogar noch bei der Europameisterschaft 2008 dabei sein, denn die Auslosung zur Qualifikation findet schon vor dem montenegrinischen Referendum statt.
Anders als im Kosovo, das Serbien im Jahr 2006 als Ergebnis der Verhandlungen über den künftigen Status des UN-Protektorats wahrscheinlich auch verlieren wird, werden sich Serben und Montenegriner allerdings ohne großen Hader trennen, denn es herrscht kein Hass zwischen ihnen. Zwar mögen es die Montenegriner gar nicht, wenn die Serben über die vermeintliche Faulheit ihrer Nachbarn witzeln oder behaupten, es gäbe eigentlich keine montenegrinische Nation - dennoch sind die Kontakte hüben und drüben eng und werden es selbst dann bleiben, wenn eines Tages eine internationale Grenze zwischen beiden Staaten verläuft.
Außerdem hatten die Montenegriner auch ihren Anteil an der überaus erfolgreichen Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Deutschland. Während es heutzutage zwar zulässig und theoretisch möglich, praktisch jedoch undenkbar wäre, dass ein albanischer Fußballer aus dem Kosovo für Serbien und Montenegro antritt (er würde im Kosovo als Verräter gelten), stehen mehrere Spieler aus Montenegro im vorläufigen serbisch-montenegrinischen Kader für die WM 2006. Und sollte die Mannschaft auch in Deutschland Erfolg haben, werden Serben und Montenegriner das gemeinsam feiern - wie die Siege ihrer Basketballmannschaft.
Dieser Text entstammt einer Kooperation mit "Anstoss", der Zeitschrift des Kunst- und Kulturprogramms zur FIFA WM 2006; ein Projekt von André Heller.
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