Bernsteins Empfindsamkeit und feine Nuancen

Mozarts Klavierkonzert Nr. 15

Es war offenbar der ausgefüllteste Monat im kurzen Leben Mozarts - der März 1784. Und am 24. des Monats fand auch die Uraufführung seines Klavierkonzerts Nr. 15 in der Halle des Wiener Trattnerhofs statt. Bernsteins Interpretation zählt zu den spontansten.

Bernstein spielt Mozarts Klavierkonzert Nr. 15 (Andante)

"Musik, die den Ausführenden schwitzen machen sollte" steht diesmal im Zentrum der Betrachtung. Und genau am 15.März vor 222 Jahren hat Wolfgang Amadeus Mozart sein Klavierkonzert Nr. 15 in B-Dur als zweites Werk überhaupt in sein neues, eigenes Werkverzeichnis eingetragen. Bei Köchel bekam es die Nummer 450.

Kein anderer Monat im kurzen Leben Mozarts war vielleicht so geschäftig, wie der März 1784. Und am 24. März dieses Jahres führte Mozart auch dieses Klavierkonzert in der Halle des Trattnerhofs auf dem Wiener Graben zum ersten Mal auf.

Ein voller Terminkalender

Mozart Terminkalender war ausgefüllt: An fünf aufeinander folgenden Donnerstagen gab er Privataufführungen im Haus des russischen Botschafters, des Fürsten Golitzin. Und jeden Montag und Freitag konzertierte er beim Grafen Johann Esterhazy. Am 20.März spielte er beim Grafen Zichy, am 23. trägt Anton Stadler Sätze seiner Serenade KV 361 in einem Konzert vor.

Am 21. März sollte ein großes Konzert im Wiener Burgtheater stattfinden, wurde aber auf den 1.April verschoben. Mit Ausnahme von drei Arien bestand dieses Programm ausschließlich aus eigenen Werken. Aber noch nicht genug, auch der Mittwoch war im prallen Terminkalender des März 1784 belegt. Am 17., 24. und 31.März waren Abonnementkonzerte angesetzt, die in der Halle des Trattnerhofs auf dem Wiener Graben stattfanden.

Eines der drei "großen" Konzerte

Mozart hat dieses Klavierkonzert in einer Trias mit den Konzerten KV 449 und 451 als ein opus dreier "großer" Konzerte angesehen. "Groß" mag sich einerseits auf das ausgedehnte Konzept in der kompositorischen Anlage beziehen:

Der Klaviersatz ist viel virtuoser als bisher, und auch die obligaten Blasinstrumente haben eine erweiterte Rolle - so schreibt Mozart zwei Oboen, zwei Fagotte und zwei Hörner vor. Die Oboen und Fagotte treten gleich zu Beginn ins Rampenlicht und tragen ihr chromatisch aufsteigendes Thema im Terzenabstand vor. Die von Mozart vorgeschriebene Artikulation der Oboen und Fagotte lautet: zweimal kurz, zweimal lang, zweimal staccato, zweimal legato.

Messiaens brillante Werkanalysen

Und dann fügt die Orchestereinleitung, die knapp zwei Minuten dauert, dem ersten Thema "noch ein synkopiertes, aufsteigendes Nebenthema hinzu, das von den Streichern angestimmt und sogleich von den Holzbläsern übernommen wird; Geigen umspielen es mit gleichmäßigen Achtelnoten wie 'Wasser, das aus einer Quelle fließt' und kündigen mit ihren symmetrisch absteigenden Quarten bereits Chopin und Ravel an".

Diese Beschreibung stammt aus den brillanten Werkanalysen der 21 Klavierkonzerte Mozarts von Olivier Messiaen, die er zwischen 1950 und 1960 verfasst hat.

Mozart-Konzerte mit Yvonne Loriod

Messiaens Frau Yvonne Loriod, eine bedeutende Pianistin, hat alle 21 Konzerte im Herbst des Jahres 1964 in Paris an sieben Abenden im alten Pariser Conservatoire gespielt, dort wo Hector Berlioz seine "Symphonie fantastique" uraufgeführt hatte.

Begleitet haben die Herren Pierre Boulez, Bruno Maderna und Louis Martin mit dem Orchestre des concerts Lamoureux. Diese Information stammt von Maximilian Blumencron, der 16 dieser Messiaen-Einführungen ins Deutsche übersetzt hat, die anderen fünf Übersetzungen stammen von Thomas Daniel Schlee.

Carinthischer Sommer mit allen Mozart-Klavierkonzerten

Im diesjährigen Programm des Carinthischen Sommers werden übrigens alle 21 Klavierkonzerte Mozarts zu hören sein, im Programm versehen mit den entsprechenden Messiaen-Texten.

Das Klavierkonzert Nr. 15 wird am 20.Juli im Congress Center Villach mit dem Gerhard Oppitz als Solisten aufgeführt.

Von Levin bis Bernstein

Mit Beispielen sind diesmal die Pianisten Robert Levin, Leonard Bernstein, Andras Schiff, Karl Engel sowie Daniel Barenboim zu hören.

Barenboim und Bernstein

Nach der Einleitung im ersten Satz fällt Barenboim quasi dem Orchester ins Wort, d.h. das Klavier setzt eine Spur zu früh ein, überschneidet sich mit der letzten Passage im Orchester, so als würde der Solist aus dem Stegreif heraus erst zur eigentlichen Aufgabe, dem Thema, finden.

" ... Folgen die beiden Schlussgruppen des Orchesters, diesmal in F-Dur; die zweite Gruppe wird vom Klavier ausgeziert und beginnt nun, durch immer wieder sich erneuernde Modulationen in alle Richtungen zu huschen. Mit Lebhaftigkeit mustert es 'frettchenhaft' einmal hier, einmal da die ganze Klaviatur", so Olivier Messiaen. Das Frettchen ist hier Leonard Bernstein in einer Aufnahme aus dem Jahr 1966, wo er als Solist und Dirigent mit den Wiener Philharmonikern musizierte.

Bernsteins spontane, lebendige Interpretation

Ich mag diese Aufnahme sehr, denn sie vermittelt so viel Spontanes und Lebendiges, ist gut ausbalanciert und hat Schwung. Bernstein spielt mit großer Empfindsamkeit und mit feinen agogischen und dynamischen Nuancen.

Hör-Tipp
Ausgewählt, Mittwoch, 15. März 2006, 10:05 Uhr

CD-Tipp
W.A. Mozart, Klavierkonzert Nr. 15 in B-Dur, Wiener Philharmoniker, Leonard Bernstein (1966), Decca 467 123-2

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