Wer bekommt den Zuschlag?
Verkaufspoker um VA Tech Hydro
Bei Siemens läuft derzeit der Verkaufspoker um die VA Tech Hydro-Sparte. Im Bieterverfahren findet die Prüfung des Unternehmens durch potenzielle Käufer statt. Wer den Zuschlag erhält, dürfte Anfang kommenden Jahres entschieden werden.
8. April 2017, 21:58
Manager Alexander Schwab im Gespräch mit Herbert Hutar
Am 13. Dezember geht bei Siemens Österreich der Führungswechsel über die Bühne. Albert Hochleitner geht, Brigitte Ederer kommt. Eine der ersten wichtigen Entscheidungen für Ederer wird der Verkauf der VA Tech Hydro sein.
Der Verkauf der Wasserkraftsparte der VA Tech ist eine Auflage der EU anlässlich der Übernahme der VA Tech durch Siemens. Im Bieterverfahren findet derzeit die Prüfung des Unternehmens durch potenzielle Käufer statt. Wer den Zuschlag erhält, dürfte Anfang kommenden Jahres entschieden werden.
Schwierige Ausgangslage
Die VA Tech Hydro ist Anbieter von Wasser- und Wärmekraftwerken. Weltweit sind in diesem Unternehmen 3.000 Mitarbeiter beschäftigt, die Hälfte davon in Österreich, Firmensitz - Wien. Nachdem nun Siemens die Muttergesellschaft VA Tech übernommen hat, muss die VA Tech Hydro verkauft werden, denn die EU befürchtet eine Markt beherrschende Stellung, wenn Voith-Siemens und die VA Tech Hydro verschmolzen werden und Siemens dann als umso größerer Anbieter von Kraftwerken am Markt mitmischt.
Für die VA Tech Hydro eine extrem gefährliche Lage: Die alte Muttergesellschaft gibt es nicht mehr, Siemens ist bestenfalls vorübergehender Eigentümer. Dazu kommt noch, dass die VA Tech Hydro mit dem Siemens-Konkurrenten General Electric eng liiert ist. Während der Verkaufsverhandlungen muss Siemens die Handlungsfähigkeit der VA Tech Hydro aufrechterhalten, auch finanziell. Selbst dann, wenn die VA Tech Hydro als Konkurrent auftritt. Das funktioniert ganz gut bei Wasserkraftwerken. Bei den Wärmekraftwerken und bei den Generatoren spielt die Konkurrenz von Siemens und General Electric aber eine tragende Rolle, fast eine verhängnisvolle für die Österreicher.
Verkauf im Gesamtpaket
Verkaufen will Siemens die VA Tech Hydro - wie bisher angekündigt - im Gesamtpaket. Das sind neben der Wasserkraftsparte auch der Bereich Gas-Kombi-Kraftwerke und die Fertigung für Turbinen und Generatoren. In den Angeboten müssen diese Unternehmensteile gesondert ausgepreist werden.
Die Hydro machte 2004 insgesamt 884 Millionen Euro Umsatz, der operative Gewinn lag bei 27 Millionen Euro. Der mögliche Verkaufserlös wird auf bis zu 300 Millionen Euro geschätzt. 2005 soll für das Unternehmen bis dato ein Katastrophenjahr sein: ohne neue Aufträge und mit einem Einbruch des Ergebnisses auf nur 20 Millionen Euro. Ein Lichtblick könnte da ein Großauftrag sein, der in der Türkei winkt - das Ilisu-Wasserkraftwerk mit einer Investitionssumme von 1,2 Milliarden Euro. 230 Millionen davon sollen auf VA Tech Hydro als Teil eines Konsortiums entfallen.
Wer die Hydro kauft, muss auch die Standort- und Arbeitsplatzgarantien übernehmen, die Siemens für das Stammwerk im steirischen Weiz (900 Beschäftigte) gegeben hat. In Weiz selbst werden die Entwicklungen rund um den Verkauf mit zunehmender Besorgnis verfolgt. Die Belegschaft befürchtet, der neue Eigentümer könnte das Werk zerschlagen und in Teilen verkaufen. Der US-Großkunde General Electric würde dann unweigerlich abspringen, und ein Großteil der Arbeitsplätze ginge verloren. Der Betriebsrat hat deshalb ein Konzept verlangt, sollte der Siemens-Konkurrent General Electric als bisheriger Auftraggeber ausfallen.
Sieben Interessenten noch im Rennen
Stichtag im Bieterrennen um die VA Tech Hydro ist der 13. Dezember. An diesem Tag wird der Aufsichtsrat der Siemens-AG Österreich entscheiden, wer von den derzeit noch sieben Interessenten übrig bleibt. Favoriten sind zwei Konsortien: jenes rund um Cross Industries mit KTM-Chef Stefan Pierer. In diesem rein österreichischen Konsortium mischen auch der Baukonzern Porr, die Beteiligungsgesellschaft UIAG und der frühere steirische Wirtschaftslandesrat Herbert Paierl mit. Bieter Nummer Zwei ist ein Konsortium mit dem deutschen Versicherungskonzern Allianz, dem österreichischen Bauunternehmer Soravia und dem ehemaligen Dorotheum-Manager Martin Ohneberg.
Den übrigen fünf Bietern - Hannes Androsch, der Grazer Maschinen- und Anlagenbauer Andritz AG sowie die Fondsgesellschaft First Reserve, ein indischer und ein argentinischer Konzern - werden wenig Chancen auf einen Zuschlag eingeräumt.
Hohe Haftungen und Garantien
Dass der neue Eigentümer der VA-Tech-Kraftwerkssparte noch in diesem Jahr feststehen soll, wie in den Medien zuletzt kolportiert worden ist, wird in Bieterkreisen ernsthaft bezweifelt. Das sei "schwer vorstellbar". Siemens selbst hat wiederholt erklärt, beim Verkauf keine Eile zu haben und den Deal Anfang 2006 besiegeln zu wollen. Dem Vernehmen nach sollen einem raschen Abschluss noch vor Weihnachten die im Anlagenbau üblichen hohen Haftungen und Garantien im Wege stehen, die beim Kauf dargestellt werden müssen. Bei der Hydro machen sie rund 1,7 Milliarden Euro aus:
"Diese Garantien sind nicht ohne und müssen mit dem Verkäufer direkt geregelt werden", heißt es in Bieterkreisen gegenüber der APA. Von verbindlichen Angeboten bis zur Deadline am 13. Dezember könne daher keine Rede sein, nur von "detaillierteren". Die aber müssten in den Endverhandlungen noch ausformuliert werden, und das werde sich bis Jänner ziehen, heißt es. Bei Siemens gab es bis jetzt keine Stellungnahme. Siemens hat den Bietern aber im Oktober in einem von der Bank Austria erstellten Finanzierungskonzept in Aussicht gestellt, bis zu 600 Millionen Euro an Garantien zu übernehmen. Zeit, die Hydro an den Mann zu bringen, hat Siemens jedenfalls bis März 2006. Erst da endet die von Brüssel vorgegebene achtmonatige Frist für den Verkauf.
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