Film, DV oder HDV?
Das strenge Kino
1997 kam Thomas Vinterbergs Film "Feesten" in die Kinos. Der Film wurde auf DV gedreht, also mit einer Consumerkamera. Heute erlebt dieses Videoformat für den Konsumenten einen neuerlichen, qualitativen Sprung: HDV (Hochauflösendes Digital Video).
8. April 2017, 21:58
Seit Mitte der 90er Jahre haben mehr und mehr DV-Produktionen den Weg in den Kinomarkt gefunden. Das technisch einfache Drehen hat eine andere, eine notizenhafte Erzählweise ermöglicht und, in visueller Hinsicht jedenfalls, ein eigenes Genre geprägt. Jedoch haftete DV-gedrehten Filmen der Nimbus des anarchistischen Billigfilmes an. Dies lag aber weniger an der Bildqualität als an den oftmals schlechten Produktionsbedingungen.
Dennoch bestand größtes Interesse an neuen Optionen seitens der Bildschärfe, denn die Vorteile der kleinen DV-Kameras waren nicht von der Hand zu weisen. Von den Kosten abgesehen war es die die Flexibilität und die Unauffälligkeit der Technik. Es kam zur Weiterentwicklung von DV zu HDV.
Was ist dran an HDV?
Als Kameramann und Besitzer einer Sony Z1, aber auch als jener, der HDV-gedrehtes Material auf Film belichtet, bekomme ich mehrere Anfragen pro Woche, was nun dran sei an HDV. Im Wesentlichen handelt es sich dabei ebenfalls um ein herkömmliches DV-Format mit all seinen Vor- und Nachteilen. Am Look, den Farben und dem Kontrastumfang hat sich nichts verändert, allerdings ist die Schärfe des Bildes um ein Vielfaches besser geworden, was dieses Format fürs Kino durchaus interessant macht.
Dennoch hält sich meine Euphorie in Grenzen, denn auf Bildschärfe allein kommt es nicht an. Die Synthetik und die Flachheit der Farben verweisen auf DV. Jeder Versuch, einem auf Film gedrehten Bild zu entsprechen, schlägt fehl. Drehen auf HDV erfordert wegen der Schärfe obendrein ein viel präziseres Arbeiten und Schwächen werden eher sichtbar. Das kann als Nachteile empfunden werden. Spontaneität und Schnelligkeit während der Aufnahme waren bei DV eher möglich.
Die Angst vorm weichen Bild
"Ist das HDV-Bild gut genug fürs Kino? Kann man mit HDV Film ersetzen?", fragen mich Filmemacher immer wieder. Ist diese Angst vor einem weichen Bild nicht vielleicht die Angst vor einer schwachen Geschichte? Jemand der einen Film dreht, muss aufstehen und einen Satz an die Wand schreiben können. Womit er das tut, ist meiner Meinung nach egal. Film ist immer eine Behauptung, er gibt vor, was mitunter nicht ist. Er will Vorhandenes verdichten, will mehr erzeugen als eigentlich besteht. DV kam in dieser Hinsicht dem technischen Laien entgegen, weil seine Unschärfe nicht alles zeigte und vieles sich in der Fantasie verwischte. HDV hingegen wird mehr Fehler entlarven und letztlich strenger sein zum Filmemacher.
Analoger Film bleibt weiterhin bestehen, weil
1. Film der billigste, schnellste und nachhaltigste Massenspeicher ist, wenn es um bestmögliche Laufbildqualität geht,
2. weil 35mm-Film der einzige weltweit verwertbare Standard ist,
3. weil Film den größten Belichtungsspielraum zulässt und so ein freieres Arbeiten erlaubt, und
4. weil die hohe Bildqualität trotz bester HD-Formate bisher unübertroffen geblieben ist.
Fazit
HDV ist fürs Kino-Filmemachen ein Forschritt. Es ist beweglich schnell und billig. Aber: Je mehr man zu erzählen hat, desto weniger Bildpixel wird man brauchen. Wirkt ein Film billig, dann liegt das nur selten an der Aufnahmetechnik. Geschichte, Schauspieler, Ausstattung, Sound und Regie sind entscheidend. Daher wird sich am Sachverhalt "wo kein Geld, da kein Film" auch in Zukunft nicht viel ändern.