Wenn Verhaltensweisen zur Sucht werden

Suchterkrankungen - Teil 1

Immer mehr Österreicher leiden an so genannten "nicht stoffgebundenen Süchten". Unter diesem Begriff werden jene Süchte zusammengefasst, die nicht auf Drogen basieren. Darunter fallen zum Beispiel Kauf-, Glücksspiel-, Arbeits- und Sexsucht.

Als Grundprinzip gilt bei allen Süchten: Ob Mensch oder Tier, Kind oder Erwachsener, alle lieben Belohnungen. Das haben Forscher an der Bowling Green State University in Ohio festgestellt. Demnach ist die Anfälligkeit für Sucht so alt wie der Hunger nach Belohnungen. Auf den ersten Blick paradox - die Lust an einer Substanz oder an einer Tätigkeit verschwindet mit der Sucht.

Substanzungebundene Süchte

Nicht ganz so häufig wie die substanzgebundenen Süchte aber stark im Zunehmen begriffenen sind die so genannten "nicht stoffgebundenen Süchte". Unter diesem Begriff fassen die Experten jene Süchte zusammen, die nicht auf Drogen basieren. Darunter fallen Kauf- und Glücksspielsucht, aber auch Arbeits- und Sexsucht. Es gibt praktisch kaum eine Tätigkeit, die nicht zu einem gewissen Suchtverhalten führen kann, und es gibt kaum einen Menschen, der nicht gefährdet ist süchtig zu werden.

Süchtig werden kann man demnach nicht nur nach Substanzen wie Alkohol, Nikotin und illegalen Drogen sondern auch nach bestimmten Verhaltensweisen. Dabei werden - wie bei stoffgebundenen Süchten - Nervenzellen durch das Hormon Dopamin angeregt, das scheinbar eine Schlüsselrolle für süchtige Verhaltensweisen spielt. Wie bei der Substanzabhängigkeit wird damit auch bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Verhaltenssüchten dem Verhaltensverstärkenden Belohnungssystem eine zentrale Rolle zugeschrieben. Die Erinnerung an die positive Wirkung der Suchtmittel fungiert als zentrale Motivation für das süchtige Verhalten.

Das heißt im Wesentlichen unterscheiden sich die substanzabhängigen Suchtformen nicht von den substanzunabhängigen.

Sucht ist ein sehr komplexes Geschehen

Ein ganz wesentliches Symptom ist die so genannte Toleranzentwicklung: Es werden immer höhere Dosierungen notwendig, um den gleichen Effekt zu erreichen. Ein zweites wesentliches Symptom ist der Kontrollverlust. Der Spielsüchtige nimmt sich fest vor, nur eine Runde zu spielen - und verbringt dann doch wieder Stunden vor dem Automaten. Ganz ähnlich wie beim Alkoholkranken, der sich vornimmt nichts zu trinken - oder nur ein Glas - und dann schließlich doch wieder volltrunken nach Hause wankt.

Es gibt nur einen einzigen Bereich der substanzgebundene Sucht von nichtsubstanzgebundener unterscheidet - die körperliche Abhängigkeit. Allerdings zeigen sich auch bei den stoffungebundenen Suchtformen psychosomatische Entzugserscheinungen, wie innere Spannung, Zittern, Schwitzen, Schlaflosigkeit, Angst und Spannungsgefühle.

Die Therapie

Für die meisten der neuen Süchte wie Computer-, Arbeits- und Sexsucht sind noch keine festgeschriebenen Diagnosen verfügbar. Es gibt zwar klinische und therapeutische Erfahrungen mit dem Leid, der von diesen Suchtformen betroffenen Menschen, aber bislang noch relativ wenige spezifische, wissenschaftlich untermauerte Behandlungskonzepte.

Eines ist jedenfalls neu: Während die Abstinenz bei den stoffgebundenen Süchten ein zentraler Teil der Therapie ist, ist es bei den Verhaltenssüchten viel schwieriger, ganz auf das Suchtmittel zu verzichten. Anders als bei der Alkoholkrankheit, wo man lernen kann, das Glas stehen zu lassen, kann man nicht ein Leben lang nie mehr arbeiten oder nie mehr einkaufen. Das Therapieziel ist also ein anderes: Die Betroffenen sollen lernen, dass sie auch ohne die jeweiligen Exzesse etwas wert sind.

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Hör-Tipp
Radiodoktor - Medizin und Gesundheit, Montag, 20. August 2007, 14:05 Uhr