Zwischen Szombathely und Héviz

Jagdsaison

Einst war es der Salami-Tourismus. Heute wollen viele Österreich mehr, wenn sie nach Ungarn kommen. Sie kaufen Grundstücke, bauen günstig Häuser, siedeln Betriebe an. Und sie gehen zu Hunderten auf die Jagd. Eine Reportage zwischen Szombathely und Héviz.

Wieviel Hirsch darf es sein?

Die Jagd nach billigen Brillen, Friseuren und Zahnärzten haben besonders nach der Wende abertausende Österreicher in die grenznahen westungarischen Städte getrieben. In Szombathely, Sopron oder Szentgotthard war und ist zu Stoßzeiten manchmal ebensoviel Deutsch wie Ungarisch zu hören.

Die Tagesausflügler versorgten sich mit günstiger Salami und gutem Essen.Aber auch langfristigere Überlegungen haben sich ausgezahlt - man kauft Grundstücke, baut Häuser, siedelt Betriebe an oder geht auf die Jagd. Um ein Vielfaches günstiger als zu Hause in Österreich. Politisch wird vor den Wahlen gern Kleingeld mit den Ängsten vor einem etwaigen Ausverkauf des Landes gemacht. Viele Ungarn sehen die Anwesenheit er Haus- und Grundstückbesitzer allerdings pragmatisch.

Verwandschaft

Was sagen eigentlich die Ungarn selbst, vornehmlich die im Westen des Landes wohnhaften Ungarn, dazu? Empfinden Sie den vermehrten Landbesitz der Nachbarn als Ausverkauf des eigenen Landes oder einfach als gewinnbringendes Geschäft in Zeiten der europäischen Einheit?

Der ehemalige ungarische Außenhandelsstellenleiter von Österreich, Karoly Bedö, sieht die Dinge sachlich: "Die Österreicher werden bei uns als unsere Schwager bezeichnet, das ist halb scherzhaft gemeint, hat aber einen ernsten Hintergrund. Seinen Schwager kann man sich zwar nicht aussuchen, aber er gehört doch zur Verwandtschaft."

Gewinner...

Der Jagdreiseunternehmer Peter Pusztai sieht die Situation ebenfalls gelassen. Verständlich in seiner Branche, machen die Österreicher unter den Jagdgästen auch 90 Prozent aus. Knapp 45 Reviere kann er jagdwilligen Ausländern zur Verfügung stellen, am Beliebtesten sind die gleich hinter der Grenze. "Da müssen die Leute nicht so weit fahren. Ohne die Österreicher könnten wir unsere Bürotür schließen." Sein Unternehmen verspricht jedem Gast ganz gewiss "zum Schuss zu kommen", einen Hirsch gibt es ab 500 Euro.

... und Verlierer

Als Verlierer im neuen Ungarn werden an erster Stelle häufig die Landwirte genannt. Die Landwirtschaftsreform hat neue Strukturen geschaffen - viele Kleinbauern kämpfen jetzt um ihre Existenz und haben Angst vor dem harten Konkurrenzkampf. Deshalb werden die Bauernhöfe inzwischen oft verkauft, Ausländer bauen diese dann zu Wochenendhäusern um.

Eine Angestellte im westungarischen Szombathely, einer beliebten Einkaufsstadt nahe der ungarisch-österreichischen Grenze, meint: "Natürlich ist es für den 'kleinen Mann' schwer zu überleben. Die Preise steigen ständig, die Gehälter bleiben gleich. Wenn sie sich umsehen, finden sie viele österreichische Geschäfte hier: ich bin Ungarin und möchte schon, dass das Geld im Land bleibt. Aber können uns bei Weitem nicht so viel leisten wie die Österreicher. Trotzdem: inzwischen fahren auch Ungarn nach Oberwart einkaufen und sind gerne gesehen, wir gelten nicht mehr als "der arme Bruder".

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