Thailands Wirtschaft abseits vom Traumurlaub

Tigerstaaten im Vormarsch

Den Ruf eines Tigerstaates hat sich Thailand nicht wegen seines Fremdenverkehrs, sondern aufgrund der rasanten Industrialisierung erworben. Die schwere Finanz- und Wirtschaftskrise Ende der 90er Jahre ist jedenfalls überwunden. Der Tiger setzt wieder zum Sprung an.

Interview Oskar Andesner, öst. Handelsdelegierter in Bangkok

Nach der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise Ende der 90er Jahre beginnen sich die Länder in Asien jetzt wieder merklich zu erholen. Während in den USA und Europa die Wirtschafts-Wachstumsraten zwischen ein und drei Prozent noch ziemlich bescheiden bleiben, hat man in Asien bereits Sorge um eine Überhitzung der Konjunktur. Stark im Kommen sind jetzt vor allem die ehemaligen Tigerstaaten, allen voran Thailand.

Das "Land des Lächelns"

Das Land ist bei uns in erster Linie als Touristendestination bekannt. Tatsächlich besuchen jährlich etwa 60.000 Österreicher das so genannte "Land des Lächelns", im Vergleich dazu sind es 120.000 Schweizer und über 400.000 Deutsche. Der Fremdenverkehr ist zwar eine wichtige Einkommensquelle für Thailand, bei weitem aber nicht der wichtigste Wirtschaftszweig.

Einziger Nettoexporteur in Asiens Landwirtschaft

Den Ruf als so genannten Tigerstaat hat sich Thailand durch die rasante Industrialisierung erworben. Zwar ist nach wie vor mehr als die Hälfte der Bewohner in der Landwirtschaft tätig. Thailand ist weltweit der siebentgrößte Produzent von landwirtschaftlichen Produkten und einziger Nettoexporteur Asiens.

Im Automobilsektor führend

Thailand ist heute aber auch im ASEAN-Raum die führende Nation im Automobilsektor. Mehr als eine Million Fahrzeuge jährlich werden hier im Auftrag der großen Konzerne montiert. Gerade diese Branche hat unter der Finanzkrise besonders gelitten. Für heuer rechnet die thailändische Wirtschaft aber wieder mit einem Wachstum von sieben bis acht Prozent. Prof. Supachai Yavaprabhas, Politökonom an der renommierten Chualongkom-Universität, zeigt sich vorsichtig optimistisch:

„Ich glaube, dass es unserer Wirtschaft jetzt wieder besser geht. Aber es gibt noch genügend Probleme zu lösen, und das kann möglicherweise noch einige Zeit dauern. Aber wir sind auf dem richtigen Weg."

Im Vergleich zu Japan noch drittklassig

Tatsächlich ist es dem Land mit seiner konstitutionellen Monarchie und der tief im Volk verwurzelten Königsfamilie gelungen, den Status eines Entwicklungslandes zu verlassen. Heute leidet niemand mehr an Hunger, die großen Städte wie Bangkok und Chiang Mai boomen. Dennoch steht noch ein langer Weg bevor, um einen Lebensstandard wie in Japan, Singapur oder Taiwan zu erreichen. Yavaprabhas dazu:

"Wir spielen noch in einer ganz anderen Liga. Wenn Japan in der ersten Liga spielt, sind wir noch in der dritten. Unsere Wirtschaft ist noch viel schwächer. In Japan haben sie heute einen hohen Lebensstandard - nicht nur in den großen Städten, sondern überall. Bei uns brauchen wir vor allem in den ländlichen Regionen noch viel Zeit, um die Situation zu verbessern. Wenn Sie fragen, wie lange wir noch brauchen, dann bin ich nicht sicher, ob wir das in den nächsten zehn, fünfzehn Jahren schaffen werden.“

Großer Aufholbedarf in der Infrastruktur

Ein täglich von neuem an sich selbst erstickender Verkehr, ein Dauerstau in den Straßen Bangkoks, das ist Thailands Alltag. Mit Milliardeninvestitionen will die thailändische Regierung jetzt die Infrastruktur modernisieren. Viele Projekte, die während der Asienkrise stillgelegt wurden, werden jetzt wieder aufgegriffen. Vor allem der öffentliche Verkehr wird ausgebaut. Die ersten Kilometer der neuen U-Bahn in Bangkok - mit Verkehrstechnik und Zügen aus Österreich - wurden gerade eröffnet.

Boom für die Bauwirtschaft

Nach der Finanzkrise ist Thailand heute wieder eine große Baustelle. Zu Bauen gibt es viel: Straßen, Eisenbahnen, Bürohäuser. Die Baubranche ist einer der größten Wachstumsmärkte. Das war auch für die Swarovsky-Tochter Tyrolit ein Grund, vor zwei Jahren in Thailand eine Niederlassung zu gründen.

Investitionssicherheit für Tyrolit ausschlaggebend

Tyrolit erzeugt Trennscheiben und Diamantsägen, wie man sie bei der Bearbeitung von Beton und Asphalt verwendet. Mit insgesamt 28 Werken ist das Unternehmen weltweit die Nummer zwei.

In Thailand werden derzeit 100 Mitarbeiter beschäftigt. Für den Standort sprachen die hohe Investitionssicherheit, die Tatsache, dass auch Ausländer an Grund und Boden Eigentum erwerben können und die niedrigen Lohnkosten - etwa 200 Euro verdient ein Arbeiter pro Monat. "Dazu kommt die steuerliche Bevorzugung von Großinvestoren“, erklärt Franz Richter, der Werksdirektor die Entscheidung, nicht nach China sondern nach Thailand zu gehen.

Österreichische Schmuckfabrik

Von einer ganz anderen Branche kommt Haik Zarian. Er hat eine Schmuckfabrik gekauft, wo er mit 250 Mitarbeitern Kostbares aus Gold und Edelsteinen erzeugt. Mit einer selbst entwickelten Spezialtechnik zum Fassen von Steinen ist seine Firma heute weltweit einzigartig. Juwelen die als Teilfertigprodukte nach Amerika oder Europa gehen und sich dann in den Auslagen von Spitzenjuwelieren wie Tiffany oder Cartier wiederfinden.

Auch für Zarian war Thailand eindeutig der geeignetere Standort als China. Das vor vier Jahren gegründete Unternehmen ist auf Expansionskurs. Noch heuer sollen 50 weitere Mitarbeiter aufgenommen werden.

Links
Der Farang - dt. Zeitung in Thailand
http://www.thailandtourismus.de/Amazing Thailand - thail. Fremdenverkehrszentrum in Deutschland
Thailand & Asien - dt. Informationsseite
Landeskunde Thailand - dt. Seite
Royal Thai Government - Regierung von Thailand
WKO - Wirtschaftskammer Österreich