Lohn für das Gesamtprojekt

Oscars 2004

Mit insgesamt elf Oscars ist der dritte Teil des Fantasy-Epos "Der Herr der Ringe" als klarer Sieger aus der diesjährigen Oscar-Nacht hervorgegangen. Darstellerpreise gingen an Sean Penn und Charlize Theron.

Überraschend am Erfolg, den "Der Herr der Ringe 3: Die Rückkehr des Königs" verbuchen konnte, ist allenfalls das Ausmaß: Noch nie ist es einem derart hoch nominierten Film geglückt, in sämtlichen Kategorien auch tatsächlich prämiert zu werden.

Die beiden anderen Oscar-Rekordhalter der Filmgeschichte, "Ben Hur" und "Titanic", schöpften ihre jeweils elf Oscars aus einem Reservoir von zwölf bzw. vierzehn Nominierungen. Es scheint klar, dass dieser noch nie da gewesene Triumph nicht nur einen einzelnen Film belohnt, sondern das ganze "Herr-der-Ringe"-Projekt, das in der Tat in der Filmgeschichte einzig dasteht.

Der Film, an den (fast) niemand glaubte

Jahre-, ja jahrzehntelang galt J.R.R. Tolkiens Fantasy-Trilogie "Der Herr der Ringe" als unverfilmbar. Eine Zeichentrick-Version wurde auf halber Strecke abgebrochen und blieb Fragment, und selbst Stanley Kubrick, der an dem Stoff Interesse zeigte, streckte schließlich die Waffen.

Dass ausgerechnet der durch Edel-Trash wie "Bad Taste" ausgewiesene Neuseeländer Peter Jackson das Unmögliche schaffen sollte, verdankt sich einer Hingabe, die noch die obskursten Tolkien-Fanrunden in die Herstellung dieser Multi-Millionen-Dollar-Filme einbezog. Diese "Herr-der-Ringe"-Filme sind in der Tat ein Werk der Liebe.

Neue Fantasy-Welle?

Eine neue Fantasy-Film-Welle ist dennoch nicht zu erwarten. Auch der Oscar-Regen auf "Titanic" hatte das Genre des Katastrophenfilms nicht neu belebt, und die Renaissance des
Sandalenfilms, die viele nach dem Erfolg von "Gladiator" heraufdämmern sahen, blieb bisher auf das Fernsehen beschränkt.

Was vom "Herrn der Ringe" zukunftsweisend bleiben wird, ist indes der massive Einsatz digitaler Technologien auch im Filmbereich. Paradox genug, dass die selbe Industrie, die jetzt vermehrt von der Computertechnik profitiert, letztlich am anderen Ende der Verwertungskette via Internet-Piraterie durch eben jene Computertechnik kommerziell bedroht scheint.

Düstere Themen

Alle anderen Auszeichnungen stehen im Schatten des "Herr-der-Ringe"-Triumphs und scheinen ihm thematisch zu widersprechen: Nicht der Eskapismus der Traumfabrik dominiert in Filmen wie "Mystic River" (Darstellerpreise für Sean Penn und Tim Robbins), "Monster" (Darstellerinnenpreis für Charlize Theron) und "Unterwegs nach Cold Mountain" (Nebenrollenoscar für Renée Zellweger), sondern eine realistisch distanzierte Sicht auf eine Welt, die von Gewalt und Korruption zerfressen scheint.

Lediglich die sanfte Komödie "Lost in Translation" (der Preis für das beste Originaldrehbuch an Sophia Coppola belohnt bereits die dritte Generation dieser Familie!) deutet hier einen Hoffnungsschimmer an.

Verlierer

Zu den Verlierern dieser routiniert und, anders als zuletzt, ohne politische Untertöne abgewickelten Oscar-Nacht zählt ein Streifen, der es in seiner spezifisch amerikanischen Durchhalte-Ideologie früher sicher zu Preisen gebracht hätte: Das Rennpferd-Epos "Seabiscuit", das von seinen sieben Nominierungen keine einzige einlösen könnte.

Auch Österreich hat ein wenig Grund zur Trauer: Ist unser Land - auch via ORF - doch an der Co-Produktion "Zelary" beteiligt, die in der Kategorie "Bester ausländischer Film" dem brillanten kanadischen Kammerspiel "Invasion der Barbaren" weichen musste.

Mehr über die Verleihung der Oscars in ORF.at

Mehr über den Schmähpreis der "Goldenen Himbeeren" und den Alternativ-Oscar der "Spirit Awards" in oe1.ORF.at

Tipp
"Der Herr der Ringe" in oe1.ORF.at

Links
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oscars.org