Ein Jahresrückblick der lachenden Art

Gröbster Unfug

Kabarett, Kleinkunst, Chanson - im Zeitraffer passiert das Jahr 2003 Revue. Erinnert wird an die heitersten und die bemerkenswertesten Beiträge des ausklingenden Jahres. Mit dabei unter anderen Alfred Dorfer, Thomas Maurer, Dolores Schmidinger und Andrea Händler.

Ausschnitt aus "Landstreich light" in Saarbrücken

Während der Seminarkabarettist Bernhard Ludwig am 31. Dezember im Neuen Saal des Wiener Konzerthauses gleich dreimal Anleitungen zur Durchführbarkeit von Silvestervorsätzen gegeben hat, riskieren wir den Blick zurück - und zwar auf das ausklingende Kabarettjahr 2003.

Die neue Selbständigkeit

Gestern noch Staatssekretär für Föderalismusfragen, heute bereits in der prekären Situation, die eigene Designer-Möbellage via Inserat an den Mann bringen zu müssen. Dieses Schicksal hat Thomas Maurer für seine Bühnenfigur namens Helmut Karl ersonnen. "Die neue Selbständigkeit" - so der beziehungsvolle Titel des Programms, das der Kabarettist im Frühjahr vorstellte. Es sollte eines der meistbeachteten kabarettistischen Ereignisse dieses Jahres werden. Thomas Maurer wurde dafür mit dem Karl 2003 und dem Spezial-Nestroy für besondere Leistungen im Theaterbereich ausgezeichnet.

Thomas Maurers "neue Selbständigkeit“ ist im neuen Jahr vom 6. bis 8. Jänner im Kabarett Niedermair in Wien und am 15. Jänner im Linzer Posthof zu sehen.

Landstreich light

Zu den Preisträgern des Jahres 2003 zählt auch die Gruppe Landstreich. Das satirisch-musikalische Quartett - bestehend aus Edith Zimmermann, Krzysztof Dobrek, Christof Spörk und Gerhard Draxler - wurde in Saarbrücken für sein virtuoses Crossover zwischen Musik und Kabarett, zwischen Tonalität und Satire mit dem Salzburger Stier für Österreich ausgezeichnet. Mit ihrer musikalisch-kabarettistischen Melange mit dem Titel "Landstreich light" beschritten die Vier im Bereich der Kleinkunst thematisches Neuland. Sie vereinen in ihren Programmen Weltmusik, Kabarett und neue "Volxmusik" zu einer komödiantischen Einheit, spielen nicht nur mit Worten, sondern auch mit Klängen. Die Musik ist dabei keine "Untermalung", keine sympathische Begleiterscheinung, sondern satirisches Stilmittel.

"Landstreich light" - zu sehen wieder am 10. Jänner im alten Kino von Rankweil und vom 13. bis 17. Jänner im Grazer Theatercafe.

Alles Schlampen außer Mutti

Ehrengäste bei der Eröffnungsgala des Kabarettforums Salzburger Stier 2003, das bei seiner Reise durch die deutschsprachigen Kleinkunstlandschaften im Saarland Station machte, waren Lisa Fitz und ihr Sohn Nepo. "Alles Schlampen außer Mutti" heißt ihr erstes gemeinsames Programm. Satirisch auf höchstem Niveau behandeln Lisa und Nepo Fitz darin den klassischen Konflikt zwischen Müttern und ihren Söhnen. Und wenn auch die bayerische Kabarettistin vielleicht gar nicht so sehr dem gängigen Mutterbild entsprechen mag, so weiß sie nur zu gut um die Sorgen und Befürchtungen Bescheid, die Frauen mit ihrem männlichen Nachwuchs haben können.

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Mitsubischi

Sozusagen erfolgreich aus einem künstlerischen Wettbewerb hervorzugehen, ohne ihn zu gewinnen - dieses Kunststück ist heuer dem steirischen Kabarettisten Alf Poier gelungen. Bis vor wenigen Jahren genoss der steirische Extremist in Sachen Humor - vor allem in den Reihen einer eingeschworenen, aber ständig wachsenden Fangemeinschaft - Kultstatus. Als Kabarettist und Musiker setzt er sich bei seinen Auftritten zumeist über jede formale Beschränkung hinweg und lädt zu philosophischen Bastelstunden, lässt aus schrägen Texten, selbst gemalten Bildern und seinen Liedern ein Gesamtkunstwerk entstehen. Etwas davon ließ er auch bei seinem Beitrag zum Song-Contest 2003 in Riga einfließen. Immerhin landete der zum Contestanten mutierte Kabarettist mit seinem Hasen-Lied auf dem sensationellen sechsten Platz.

Auf der Kleinkunstbühne zeigt sich Alf Poier nach wie vor als "Mitsubischi" - zu erleben demnächst in der Steiermark, und zwar am 14. Jänner in Ratschendorf, am 15. Jänner in St. Florian und am 16. Jänner in Kindberg.

Für das Landvolk

Einer der bedeutendsten Kabarettisten, die dieses Land je hervorgebracht hat, das war wohl unbestritten Helmut Qualtinger, der 2003 seinen 75.Geburtstag begangen hätte. Gemeinsam mit Carl Merz, Michael Kehlmann, Gerhard Bronner, später auch Peter Wehle, Georg Kreisler und Louise Martini bildete er jenes legendäre Kabarett-Ensemble, das sich niemals einen eigenen Namen gegeben hat. Auf der Bühne des Kleinen Theaters im Konzerthaus boten sie literarisch-satirische Programme mit politischen Akzenten. Carl Merz sorgte für die sozialkritischen Aspekte, Gerhard Bronner steuerte die angelsächsische, vor allem musikalische Komponente bei und Helmut Qualtinger stand für die Verkörperung einheimischer Attitüden. Aus der gemeinsamen Arbeit von Helmut Qualtinger und Carl Merz ist auch eine der legendären Figuren des Kabaretts der 50er Jahre hervorgegangen - der "Travnicek". "Politik bedarf Glossierung", sagte Qualtinger. Und diesem Grundsatz ist er als Kabarettist immer treu geblieben.

"Quasi ein Genie" heißt die Ausstellung über das Leben und Schaffen von Helmut Qualtinger, die übrigens noch bis zum 6. Jänner im Historischen Museum am Karlsplatz in Wien besucht werden kann.

Die Jodelschule

Einer, der uns in seinem vielseitigen Schaffen oft so zeitlos erscheinen will, feierte 2003 bereits seinen 80. Geburtstag: Victor, Christoph, Carl von Bülow - besser bekannt als "Loriot". Seine Filme - wie "Pappa ante Portas" oder "Ödipussi" - und seine Fernsehsketches haben ihn im deutschsprachigen Raum zu einer bekannten Größe der gehobenen Unterhaltung gemacht. Begonnen hat er seine satirische Karriere als Zeichner, als Cartoonist. Er entwarf das nette Männchen mit Knollnase, von dem "Loriot" sagt, es sichere ihm bis hin in die Gegenwart sein Einkommen. Ziel der Loriot'schen Satire war immer die gesellschaftliche Konvention, war das Bemühen um Perfektion. Ein Unterfangen, das unendliche Absurditäten in sich bergen kann, denn beim Ordnung-Schaffen scheint letztendlich jeder der erste zu sein. Als kongeniale Partnerin hat sich später die Schauspielerin Evelyn Hamann hinzugesellt.

Mehr zu "Loriot" in oe1.ORF.at.

Ten Years & After

Ist Optimismus eine Form von Informationsmangel? Sind Entscheidungen, die wir nicht getroffen haben, auch Teil unserer Biografie? Derlei Fragen beschäftigen Alfred Dorfer in seinem vierten Solo namens "heim.at". Seit zehn Jahren ist der Kabarettist nun schon in eigener Sache mit seinen Musikern Peter Hermann, Günther Paal und Lothar Scherpe auf der Bühne zu sehen. Seine Karriere jenseit vom Schlabarett-Team startete Dorfer mit dem Programm "Alles Gute". Darin erzählte er über die missglückte Geburtstagsfeier des Musiklehrers Robert Brenneis und über schauerliche Abgründe der menschlichen Existenz an sich. Bereits ein Jahr später stellte er sein zweites Programm vor - "Ohne Netz" - eine Geschichte über das Leben im Gemeindebau, über das Erwachsen-Werden und über die Zeit. Mit seinem dritten Werk namens "Badeschluss" gelang Dorfer ein österreichisches Stimmungsbild - eine Metapher auf den allerletzten Badetag einer Saison und auf andere Finalitäten. 2003 hat der Kabarettist einige Ausschnitte aus seinen vier Programmen zu einer Werkschau zusammengefügt: Ten Years & After“ nennt er diesen bunten Abend, der bislang nur einige wenige Male im Audimax der Universität Wien zu erleben war.

Auf der Kinoleinwand erlebt man Alfred Dorfer derzeit als Herrn Weber in "MA 2412 - die Staatsdiener", einer Art Filmreportage über die berühmt-berüchtigte Magistratsabteilung der Stadt Wien. Mit seinem Programm "heim.at" tritt er vom 28. bis 30. Jänner in der Kulisse in Wien auf.

Mehr zu "Ten Years & After" in oe1.ORF.at.

Zwischenbestzeit

Ebenfalls einen Rückblick darauf, was in den vergangenen zehn Jahren vollbracht wurde, hatte 2003 die Gruppe "Heilbutt & Rosen" im Angebot. "Zwischenbestzeit" nennen Verena Scheitz, Helmuth Vavra und Markus Oezelt ihre Jubiläumsproduktion, wofür das Ensemble seinen entsprechend reichen Textfundus nach recyclebaren Nummern durchforstete. Heilbutt & Rosen unterlagen dabei nicht der Versuchung, die Werkschau zu einer risikolosen Hitparade der publikumwirksamsten Nummern geraten zu lassen. Ganz im Gegenteil! Das Trio ging mit kritischem "Blick zurück" zu Werke und entschied sich mehrheitlich für jene Sequenzen aus ihren Programmen, die das absurde Moment in den Vordergrund stellen, die das tragisch-komische Scheitern des Individuums an mitunter banalen Dingen des Alltags zum Thema machen. Und in dieser Kategorie konnten Heilbutt & Rosen schon des öfteren brillieren.

Mit seiner Jubiläumswerkschau tritt das Ensemble wieder am 17. Jänner im Vindobona in Wien auf.

Alltagsgeschichten

Auch das Beste - und zwar aus den Alltagsgeschichten von Elizabeth T. Spira - haben sich Dolores Schmidinger und Andrea Händler für ihr erstes gemeinsames Programm ausgewählt. Dem Original entsprechend nennen sie es ebenfalls "Alltagsgeschichten". In ihrer Theater-Version verhelfen die beiden Kabarettistinnen einigen Charakteren aus Elizabeth T. Spiras Dokumentationen kurzfristig zum Bühnenleben. Dolores Schmidinger und Andrea Händler haben sich für ihr gemeinsames Projekt hohe Ziele gesteckt. Realität pur ist die Devise: keine eigens hinzugefügten Gags, keine Maskerade und der Verzicht auf die innere Logik von Bühnendialogen zugunsten der realen Vorlagen - das galt vom ersten Augenblick an als oberstes Gebot. Sie verzichteten auf alles Beiwerk, um so naturgetreu wie möglich darzustellen, was der österreichische Alltag für genaue Beobachter parat hält - vom Bodensee bis Kaisermühlen.

Zu sehen waren Andrea Händler und Dolores Schmidinger damit bereits am 31. Dezember 2003 im Wiener Museumsquartier. Weitere Termine sind vom 24. bis 26. Jänner 2004 im Vindobona in Wien angesetzt.

Tatatata

Ein Virtuose der ganz speziellen Art hat 2003 wieder einmal Österreich besucht: Hans Liberg, der mehrfach ausgezeichnete holländische Musik-Entertainer. Sein Spiel mit Melodien, Tasten und der musischen Begabung seines Publikums ist wahrhaft meisterlich. Eigentlich wollte er nur Musiklehrer sein. Im Zuge einer Musikrevue kam er auf den Geschmack, mit Klassikern Unterhaltungsprogramm zu machen. Das brachte ihm schnell den ersten Emmy-Award ein. Mittlerweile agiert er auf höchstem Niveau als Musikclown. "Tatatata" nennt er sein meisterhaftes Musikkabarett, bei dem er von Beethoven bis House Music so gut wie keine Tonart ausspart.