Ozonalarm
Swimming Pool
Mit "Swimming Pool" erntete Francois Ozon bei den Filmfestspielen in Cannes das Lob der Kritik. Im Interview bekennt der Regisseur, sich in der Hauptdarstellerin selbst porträtiert zu haben.
8. April 2017, 21:58
Francois Ozon wird gerne auch als das "Enfant terrible" des heutigen französischen Kinos bezeichnet. Was im Trailer wie der Beginn einer Geschichte über lesbisches Begehren wirkt, verwandelt sich im eigentlichen Film in ein bizarres Vexierspiel um literarische Kreativität und eine eigenartige Mutter-Tochter-Beziehung, die eigentlich gar keine ist.
Die Hauptfigur seines neuen Films, eine ausgebrannte Krimiautorin, hat er in Interviews ein "Selbstporträt" genannt und das Schreiben eines Kriminalromans mit der Entstehung eines Drehbuches verglichen, bei der auch die verdrängten, dunklen Seiten des Autors zum Vorschein kommen.
Und tatsächlich entpuppen sich die Verstrickungen der beiden Frauen unter der Sonne Südfrankreichs als abgründiger und düsterer, als man zunächst zu glauben meinte. "Swimming Pool" und seine Figuren bergen viele Geheimnisse, die man beim ersten Hinschauen vielleicht gar nicht alle gleich entschlüsseln kann. Ozon, der auch am Drehbuch mitarbeitete, lädt das Publikum dazu ein, das Puzzle von "Swimming Pool" nach und nach zusammenzustellen und die Rätsel des Films zu lösen.
Was hat Sie eigentlich zu dieser Geschichte angeregt?
Inspiriert hast mich die Figur, die jetzt Charlotte Rampling spielt: Eine jener Krimiautorinnen vom Schlage einer Ruth Rendell oder Patricia Highsmith, wie sie nur Großbritannien hervorbringen kann. In Frankreich gibt es derlei nicht. Da haben wir Marguerite Duras oder Francoise Sagan, und das wäre doch ein ziemlich anderer Film geworden.
All diese Autorinnen haben wohl auch ihre maskulinen Seiten...
Nun, es ist eine Tatsache, dass viele dieser Schriftstellerinnen maskulin wirken. Manche von ihnen sind ja auch lesbisch. Auch das ist eine englische Tradition, zu der es in Frankreich kein Gegenstück gibt. Was mit daran gefällt ist der Gegensatz zwischen dem betont bürgerlichen, Respekt gebietenden äußerlichen Eindruck und den perversen Verbrechen, die in ihren Büchern vorkommen. Es gibt da dieses alte englische Sprichwort: "Beurteile nie ein Buch nach seinem Umschlag". Ich habe es in meinem Film zitiert.
Verstehen Sie ihren Film als reine Unterhaltung oder hat er eine tiefere Bedeutung?
Was meinen Sie?
Nun, irgendwie geht es darin um die Kreativität von Künstlern...
Ich hoffe, Sie können diesen Film als Thriller genießen, ich hoffe aber auch, dass Sie Tieferes darin entdecken. Ich hoffe es.
Geht es nicht auch um ein Aufeinanderprallen von Briten und Franzosen, von Alt und Jung, von bürgerlichem und freiem Lebensstil?
Am Beginn haben wir dieses Klischee von der kultivierten englischen Frau und der sexuell umtriebigen jungen Französin, aber später ändert sich dann alles. Was wie eine harmlose Karikatur beginnt, wird dann zu etwas völlig anderem. Wenn es überhaupt einen anderen Film gibt, den man zum Vergleich heranziehen könnte, wäre es "Providence" von Alain Resnais.
Swimming Pool
Frankreich, 2003
mit: Charlotte Rampling, Ludivine Sagnier, Charles Dance
Drehbuch und Regie: Francois Ozon