Güra und Berner auf CD
Heller "Schwanengesang"
Der deutsche Tenor Werner Güra und der österreichische Pianist Christoph Berner haben sich auf CD schon mit Robert Schumann auseinander gesetzt; nun haben sie Schuberts "Schwanengesang" eingespielt. Eine klanglich leichtfüßige, helle Aufnahme.
8. April 2017, 21:58
Werner Güra über Schuberts "Schwanengesang"
Bei früheren Projekten von Werner Güra und Christoph Berner, also vor ihrer aktuellen Schubert-CD, verwendete das Duo noch gerne Briefe und Texte von Zeitgenossen der jeweiligen Komponisten, um dieses Textmaterial sozusagen zwischen die Musik zu schieben. Das war diesmal nicht so.
"Der Schwanengesang ist durch die Vertonungen und die Gedichte so extrem spannend, dass das völlig ausreicht", so der deutsche Tenor Werner Güra.
Schuberts Einzelblätter
In seinem letzten Lebensjahr hatte Schubert einen enormen Schaffensdrang. Es entstanden in wenigen Monaten die späten, großen Klaviersonaten, die vielleicht wichtigsten Kammermusikwerke und auch Lieder, die im "Schwanengesang" zusammengefasst sind - allesamt ihrer Zeit weit voraus.
Kurz nach Schuberts Tod wurden diese Einzelblätter von seinem Bruder Ferdinand zusammengefasst. Er verkaufte sie dem Verleger Tobias Haslinger, der sie dann später unter dem Titel "Schwanengesang“ herausgab.
Lieder als Selbsttherapie?
Wie waren solche Kraftakte von Schubert in den Monaten kurz vor seinem Tod überhaupt möglich? Werner Güra sieht das eher als eine Art Selbsttherapie: "Ich kann mir vorstellen, dass der allgemeine Seelenzustand von ihm schon so katastrophal war, dass er das wahrscheinlich als Ausstoß genutzt hat, um sich von solchen Dingen befreien zu können."
In Dresden kennen gelernt
Die Zusammenarbeit von Güra und Berner begann in Dresden. Güra war dort festes Ensemblemitglied an der Semperoper. Den Wiener Pianisten Berner hatte es aus privaten Gründen dorthin verschlagen.
"Wir haben uns in Dresden kennen gelernt", erinnert sich Berner. "Ich bin ja 2001 nach Dresden gegangen. Werner war schon seit 1996 da. Wir waren befreundet, bevor wir überhaupt daran gedacht haben, miteinander Liederabende zu machen."
Auffallender Klavierklang
Eines der ersten Konzerte der beiden war "Die schöne Müllerin“ an der Staatsoper Berlin. Sofort haben die beiden erkannt, dass ihre Zusammenarbeit "funktioniert".
Leichtfüßig, duftig und hell kommt der aktuelle "Schwanengesang“ daher. Auffallend bei ihren Programmen, Konzerten und vergangenen Platten ist auch der Klavierklang: der sollte nämlich für diese Aufnahme zarter und doch facettenreicher sein, als der herkömmliche Klang eines modernen Flügels. Das Duo bedient sich dabei einer Art Trick.
Weg vom Steinway-Klang
Berner verwendete ein historisches Instrument, aber eben doch nicht ganz - eine Idee die sie auch bei ihrer nächsten Platte umsetzen werden, einem Mozartprojekt: "Die Idee war, weg zu kommen von dem Steinway-Klang und nicht unbedingt einen Hammerflügel zu nehmen", erläutert Berner.
So habe man sich auch für die Schubert-Platte für Flügel entschieden, "der aus späterer Zeit ist, der aber doch dieses reichhaltige Klangbild, die verschiedenen Register, wie sie auf den älteren Flügeln noch vorhanden waren, ganz gut zeigen kann."
Begleiter ohne Unterordnung
Liedbegleiter sind inzwischen längst feinste Virtuosen und exzellente Konzertpianisten - ein Genuss für jeden Sänger, stimmt Werner Güra zu: "Es gibt die Begleiter, die nach dem Buch 'Bin ich zu laut' von Gerald Moore alles unterordnen: Man ist Hintergrundmusiker und bietet dem Sänger den roten Teppich und der Sänger kann machen, was er will. Ich glaube diese Zeit ist einfach vorbei."
Berner spricht von einer "Duo-Partnerschaft". Natürlich sei der Sänger der "führende Teil", aber "gerade in den Schubert-Liedern ist offensichtlich, dass sich so viel an Unterbewusstsein und an nicht ausgesprochenem psychologischem Hintergrund in der Klavierbegleitung abspielt."
CD-Tipp
Franz Schubert, "Schwanengesang", Werner Güra (Tenor), Christoph Berner (Klavier), HMC901931
Link
Christoph Berner