Artists in Residence im Heinrich Böll Cottage
Achill Island
Am 7. Dezember 2007 erhielt Christoph Ransmayr den Heinrich-Böll-Preis 2007 der Stadt Köln. Seine Dankesrede erzählt von einer Reise ins irische "County Mayo", auf jenes "Achill Island", auf dem Böll viel Zeit verbracht hat.
8. April 2017, 21:58
Achill Island befindet sich im irischen County Mayo. Hier in einem Cottage hat Heinrich Böll viele Sommer verbracht. Hier ist vor gut 50 Jahren das weltberühmte Buch über Irland und die Iren entstanden, das das Irlandbild von deutschen und österreichischen Touristen entscheidend geprägt hat. Heute kann man Heinrich Bölls Irland trotz der großen Veränderungen, die im Land vor sich gegangen sind, immer wieder finden.
Rasante Veränderungen
Heinrich Böll mietete für sich und seine Familie zunächst ein kleines Cottage in Doogart, später kaufte er es. Achill Island war damals eine der Krisenregionen Irlands. Es gab in den 1950er Jahren keine Arbeitsplätze, die Jungen mussten emigrieren, viele Häuser standen leer.
Dass Häuser auf Achill Island leer stehen, ist heute auch noch der Fall, allerdings aus anderen Gründen: Heute sind all die leer stehenden Cottages Zweitwohnsitze, denn Irland ist im Zuge des EU-Beitritts ein attraktiver Wirtschaftsstandpunkt und somit wohlhabend geworden. Rasante Veränderungen haben sich in den letzten zehn Jahren vollzogen und diese Veränderungen sind auch an Achill Island nicht spurlos vorübergegangen.
Immerhin hat der Fortschritt es auch möglich gemacht, dass die Heinrich Böll Cottage Association das kleine Sommerhaus des Dichters kaufen, renovieren und für "Artists in Residence" zu einem gemütlichen Heim umfunktionieren konnte.
Grandiose Aussicht
Das weiß gekalkte Heinrich Böll Cottage verfügt seit der Renovierung über eine Fußbodenheizung, ein gut ausgestattetes Badezimmer, ein Atelier und ein aus zwei kleinen Räumen zusammengelegtes, behagliches Kaminzimmer, sowie ein Schreibstudio. Geblieben ist die grandiose Aussicht auf das von Fuchsienhecken eingerahmte Meer und den von Wolkentürmen in rasendem Tempo zerfurchten blauen Himmel. Jeweils für einige Wochen sind in dem Cottage Autoren, Musiker und bildnerische Künstler zu Gast.
Gerade hat noch die Sonne die Konturen des Innenhofs wie einen bunten Scherenschnitt aussehen und den Ginster wie Gold erstrahlen lassen, doch von einer Minute auf die andere hat die eben noch ferne Wolke ihre Schleusen geöffnet und ein fröhlicher Regen prasselt herab. Bald duftet es nach feuchter Erde, dann scheint wieder die Sonne.
Vor dem Hintergrund des deutschen Materialismus war die irische Gleichgültigkeit gegenüber Reichtum und Pünktlichkeit in der Zeit vor dem Aufschwung sehr verlockend. Vieles hat sich verändert, auch die Iren sind zuweilen hektisch, sind fortschrittgläubig geworden und in gewisser Weise angepasst. Früher sagte man: It could be worse - es könnte schlimmer kommen. Heute sagt man: Could it be better! - es könnte nicht besser sein.
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Texte, Montag, 28. Jänner 2008, 21:30 Uhr
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