Die Orgel-Legende lebt
Die Rückkehr der Hammond B3
Die Orgel, für manche die Königin der Instrumente, erlebt in Gestalt der Hammond B3 schon seit einiger Zeit eine Renaissance im Jazz. Da ist er wieder, der unverkennbare Sound, bei dem es unter den Tasten vibriert, blubbert und kocht.
8. April 2017, 21:58
Die elektromechanische Hammond-Orgel, benannt nach ihrem Erfinder Laurens Hammond, war ursprünglich als preiswerter Ersatz für die Pfeifenorgel gedacht. Über die amerikanischen Kirchen fand sie Eingang in die Gospel-Musik und rasch auch in den Jazz. Große Popularität erlangte sie in den 1960er und 1970er Jahren, vor allem war das archetypische Modell Hammond B3 in Verbindung mit dem rotierenden Leslie-Lautsprechersystem beliebt.
Für die Verbreitung des unverkennbaren Klangs stand vor allem ein Name: Jimmy Smith, mit seinem klassischen Orgeltrio in der Besetzung Orgel, E-Gitarre und Schlagzeug. Smiths Stil war stark von Blues und Gospel geprägt, Jazz mit Seele eben.
Junge Generation schätzt den Sound
Aber auch die jüngere Generation schätzt die Möglichkeiten der Hammond B3. Auf einer seiner letzten Aufnahmen ist Jimmy Smith mit dem Organisten Joey DeFrancesco im Duett zu hören.
DeFrancesco, Jahrgang 1971 und Sohn eines Organisten, löste in den 1990er Jahren einen wahren Orgelboom aus und gilt mittlerweile als Großmeister des Instruments. Und nicht zu vergessen die Münchner Organistin Barbara Dennerlein, die die Orgelwelt von Europa aus bereichert.
Gary Versace
Alles was Tasten hat, fliegt, dachte sich auch Gary Versace, als er vor mehr als 30 Jahren seine Hammond B3 in Betrieb nahm. Denn schließlich herrschte in Oregon, wo der Pianist aufwuchs, Bassistenmangel, und als Notlösung bot sich die Orgel an.
Seit seiner Ankunft in New York mischt der ausgezeichnete Tastenmann die dortige Musikszene ordentlich auf. Zum Beispiel mit seinem Akkordeon in der Big Band von Maria Schneider oder als Organist in diversen Kapazunderbands, zuletzt mit John Scofield in dessen Ray Charles Tribut. Für seine fünfte Veröffentlichung als Leader mit dem Titel "Outside In" holte sich Versace New Yorker Meistermusiker, die bis auf Adam Rogers an der Gitarre alles Kollegen aus Schneiders Big Band sind: Donny McCaslin an den Saxophonen und Clarence Penn an den Drums vertiefen sich gekonnt in die rhythmisch raffinierten Eigenkompositionen Versaces, die auf erweiterte Formen, modernistisch harmonische Exkursionen und ungerade Metren setzen. Ein abstraktes und kurzweiliges Vergnügen.
Hör-Tipp
Die Österreich 1 Jazznacht, Samstag, 24. Mai 2008, 23:05 Uhr
CD-Tipps
Gary Versace, "Outside In", Criss Cross Jazz 1298
Jimmy Smith, "Live At the Village Gate", Verve 0602517621374
Barbara Dennerlein, "The Best Of Barbara Dennerlein", Universal 060251703375
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Gary Versace
Joey DeFrancesco