Die verantwortungsvolle Rolle eines Journalisten
Ein journalistischer Kollege aus Bulgarien
Etwa 150 ausländische Journalisten und Journalistinnen sind nach der Angaben des Verbandes der Auslandspresse aus Wien in Österreich tätig. Dr. Boitscho Damjanov aus Bulgarien ist einer von ihnen und berichtet schon seit 1987 aus Wien.
8. April 2017, 21:58
"Wir Journalisten gelten ja als Einzelkämpfer. Das müssen wir auch oft sein. Gerade im Ausland haben viele Medien nur eine Korrespondentin oder einen Korrespondenten, die für die Berichterstattung zuständig sind. Diese in Wien akkreditierten, ausländischen Journalisten prägen also das Bild Österreichs in der Welt. Und oft nicht nur das Bild Österreichs. Viele berichten von der traditionsreichen Ost-West-Drehscheibe Wien auch über Ereignisse und Entwicklungen in den Nachbarländern Ost- und Südosteuropas“, steht auf der Web-Seite des Verbands der Auslandspresse.
Für kaum jemanden ist diese Beschreibung so passend wie für den bulgarischen Journalisten Boitscho Damjanov. Neben seiner bulgarischen Muttersprache spricht er fast ohne Akzent Deutsch, Russisch und Englisch. Er hat in Moskau am Institut für Internationale Beziehungen studiert und hat 1986 auf der Wirtschaftsuniversität in Sofia sein Doktorat gemacht.
Experte für Wirtschaft und Politik
1987 ist Damjanov als Chefkorrespondent der Sofia Press mit den Schwerpunkten internationale Wirtschaft und Politik nach Österreich gekommen und seitdem arbeitet er für verschiedene bulgarischen Zeitungen und Nachrichtenagenturen.
Im Gespräch betonte Damjanov die außergewöhnliche Lage Wiens, wenn es um die Länder Südosteuropas geht. Wien ist Sitz von vielen internationalen Organisationen, die sich mit der "Balkan-Problematik“ beschäftigen. Deswegen herrscht auch in Bulgarien eine große Nachfrage nach den Berichten aus Österreich.
2008 hat sich das bulgarische Interesse besonders auf zwei Themen aus Österreich konzentriert. Ein international wichtiges Ereignis waren die Gespräche über die Zukunft des Kosovo und das zweite die österreichischen Parlamentswahlen.
Kritik an der Kommerzialisierung der Medien
In seiner journalistischen Arbeit wird Damjanov von den zuständigen österreichischen Behörden durchaus unterstützt und in dieser Hinsicht gibt es von seiner Seite keine Beschwerden. Als Hauptproblem in seiner Tätigkeit bezeichnet er die allgemein sehr starke, nicht nur in Bulgarien bemerkbare, Kommerzialisierung der Medien, die sich mehr und mehr von den tief analysierenden Texten in Richtung schneller, manchmal sehr oberflächiger Berichte bewegen.
Der gut ausgebildete Journalist, der manchmal tagelang seine Artikel gestaltet, ist nicht bereit, bei seinen seriösen journalistischen Einstellungen Abstriche zu machen. Jedoch muss er eingestehen, dass es immer weniger Raum für solche Ansprüche gibt.
Er glaubt, dass es am Geldmangel liegt, weshalb Medienherausgeber und Chefredakteure immer mehr dazu neigen, auf erfahrene Journalisten und ihre seriösen Berichte zu verzichten. Sie beauftragen stattdessen junge und unerfahrene Journalisten, die jedoch oft nicht den nötigen Überblick über die komplizierten Verflechtungen von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft haben.
Bereits mehr Österreicher als Bulgare?
22 Jahre Wien haben Spuren in seinem Leben hinterlassen. Damjanov ist heute vielleicht mehr Österreicher als Bulgare. Seine beiden Kinder, Zwetelina und Petjo, sind zweisprachig aufgewachsen und leben in Wien. Damjanov weiß über die österreichischen Verhältnisse vermutlich besser Bescheid als die meisten gebürtigen Österreicher. Seine Kenntnisse und Erfahrungen versucht er an seine bulgarischen Leser weiterzugeben.
Die Bedeutung seiner Arbeit kann man auch aus einem weiteren Satz auf der Web-Seite des Verbandes der Auslandspresse lesen: "Was unsere Mitglieder über Österreich und die Nachbarländer schreiben und senden, erreicht Hunderte Millionen Menschen in aller Welt.“
Die Artikel von Boitscho Damjanov haben fast acht Millionen potenzielle Leser - Bulgaren, die eine feste geschichtliche und geistliche Verbindung, so Damjanov, mit Österreich und seinen Bürgern spüren. Denn schließlich sind beide Länder - trotz mancher Probleme - durch die EU miteinander verbunden.