Pamela Anderson liebt die Natur

Seitenblicke aus Montenegro

Die östliche Adriaküste ist bekannterweise wunderschön und Montenegro zieht Jahr für Jahr mehr und mehr "prominente Gäste" an. In dieser Saison befindet sich der kleine Adriastaat Montenegro im Blitzlichtgewitter um Pamela Anderson.

In der Zeit, als Montenegro noch eine Teilrepublik Jugoslawiens war, blieb seine schöne 260 Kilometer lange Adriaküste vom Tourismus verschont, der damals entlang der kroatischen Küste florierte. Überquerte man damals diese virtuelle Grenze zwischen zwei "brüderlichen" Republiken, so fand man sich ganz plötzlich in einer anderen, einer ruhigeren Welt: Man verließ Kroatien, das in sommerlichen Monaten übervoll von Besuchern und Besucherinnen war, und kam in ein verschlafenes, touristisch nicht entwickeltes Land.

Die Kellner von Montenegro hatten einen legendären Status. Man konnte stundenlang in einem leeren oder halbleeren Lokal sitzen und auf die Bedienung warten. Und wenn dann endlich jemand dem unglücklichen Touristen Aufmerksamkeit schenkte und seine Bestellungen annahm, war dessen Qual noch lange nicht vorbei. Nach einer weiteren unangemessenen Wartezeit, als die Bestellung, welche man aus einer spärlichen Auswahl zusammensetzen musste, endlich ankam, entsprach sie dem Bestellten in den meisten Fällen nicht. Ebenso lausig wie die Kellner war auch das lauwarme Bier.

Die serbischen Gäste

Nach dem Zerfall Jugoslawiens 1991 und nach dem Ende des Krieges 1995, als die serbischen Touristen und Touristinnen in Kroatien noch unerwünscht waren, strömten sie zu den Stränden Montenegros. Der letzte Schwung in der touristischen Entwicklung kam nach der endgültigen Unabhängigkeit am 3. Juni 2006. Montenegro gilt heute als eine der wachstumsstärksten Touristendestinationen der Welt.

Die Tage der idyllischen Ruhe und der menschenleeren Strände sind vorbei. Das Bier ist saukalt und das Angebot hinkt allen ähnlichen Urlaubsländern nicht nach. Die stolzen Gastgeber und Gastgeberinnen lassen keine Möglichkeit aus, um der Welt zu zeigen, welche namhaften Gäste ihr Land besuchen.

Pamela und die Gelsen

In diesem Jahr berichten alle Medien über eine spezielle Besucherin. Man liest: "Während des Mittagessens wurde Pamela von Gelsen gestochen", "Mugosa zog Pamela an" oder "Montenegro ist das richtige Land zum Investieren, sagte Pamela".

In einem Zeitungsartikel steht: "Der Baywatch-Star hat gestern blaue Melanzani alla Cattaro gegessen. Sie hat Wasser und Weißwein getrunken. Jamie hat Krake alla Alte Mühle mit Rucola bestellt. Sie haben im Restaurantgarten Platz genommen und Pamela hat sich wegen der Gelsen beschwert. Sie bekam einen Spray gegen Gelsenstiche und danach haben sie sich in einen anderen Teil des Gartens gesetzt. Jamie und Pamela waren die ganze Zeit unzertrennlich."

Man erfährt weiter, dass die beiden das Cruising durch die Bucht von Cattaro auf der Luxusjacht "Dominator" sehr genossen haben. Auf dem Bug sonnenbadend, aßen sie frische Früchte. Das Wichtigste aber ist Pamelas Äußerung, dass sie in Montenegro in ökologische Projekte investieren wird.

Pamela, Mugosa und die Anderen

Sich seiner Ignoranz ein bisschen schämend, versucht man herauszufinden, wer dramatis personae dieser Geschichte eigentlich sind. Wir erfahren, dass Mugosa der Bürgermeister der montenegrinischen Hauptstadt Podgorica ist und mit Vornamen "Miomir" heißt. Nach Alleskönner Google sind über Pamela Anderson wiederum an die 20 Millionen Artikel vorhanden.

So viel Zeit, alles zu lesen gibt es doch gar nicht und daher konzentrieren wir uns hier auf das Wichtigste: Pamela ist wahrscheinlich eine von den meistfotografierten Frauen der Welt und hat bereits zahlreiche "Playboy"-Covers geschmückt. Alle anderen Pikanterien beiseite lassend, stößt man auf die Behauptung, dass sie angeblich an sich alles, was man so klassisch an Schönheitsoperationen machen kann, auch tatsächlich operieren, mit Silikon ersetzen und/oder vergrößern hat lassen.

Die Sache ist verwirrend. Warum engagiert sich eine Frau, die ihre eigene körperliche Natur offenbar widerwärtig findet, auf einmal so leidenschaftlich für die Natur und die Ökologie? Was denkt man, wenn man sagt, dass man mit dem eigenem Markennamen, oder besser gesagt "brand" "Pamela Malibu" in Hotelkomplexe investieren möchte?

Die versteckte Logik der Sache

Eine gewisse Logik könnte man aber doch finden. Die begeisterten Gastgeber fanden, dass Pamela, trotz ihrer bekannten Silikonersätze und ihrem großen Ruhm, eine sehr "natürliche" und "einfache" Frau ist - fast wie alle anderen "normalen" Frauen - nur ist sie halt ein bisschen schöner. Pamela versprach auch, dass sie diese "wunderschöne Natur" mit ihrem eigenen "brand" verbessern wird.

Inwieweit jedoch die Tourismusbranche ("Tourismusindustrie" wäre vielleicht die noch bessere Bezeichnung) überhaupt ökologisch sein kann, ist eine andere Frage. Aber die sollte den Besuch Pamelas in Montenegro nicht stören.

Um ihre Projekte zu realisieren, versprach Pamela, bevor sie sich aus dem "wunderschönen kleinen Land mit den kleinen Dörfern und den vielen Fruchtständen am Straßenrand" verabschiedete, im August wieder zu kommen.

Was noch übrig blieb

Was offen blieb, ist die Frage: Wer ist Jamie? Ob er Pamela im August wieder begleiten wird, ist auch nicht bekannt. Sicher jedoch ist, dass Montenegro den Höhepunkt seiner touristischen Entwicklung fast erreicht hat.

Kroatien hat diesen Prozess schon hinter sich: Die wunderschöne Küste ist "zubetoniert" und es fehlen nur noch Kleinigkeiten, um sie noch "natürlicher" zu machen. Die montenegrinische Küste steht vor einem Prozess der "Silikonisierung". Nur ein paar Kilometer südlich beginnt die albanische Adriaküste. Sie ist, nach Angaben einiger weniger Augenzeugen, noch immer unberührt und wunderschön. Man hat fast Angst, dass jemand den Drang bekommen wird, diese Schönheit noch schöner und natürlicher zu machen...

Jamie

Ah Jamie! Wir wissen noch immer nicht, wer Jamie war - aber ist das noch wichtig?