Das Textmaterial des Martin K. Menzinger

"Vom Albtraum in den Traum"

Sprachlust und Sprachwut, die selbstzerfleischende Arbeit mit seinem Textmaterial und eine eigene Sprachform für seine unterschiedlichen Themen zeichnen die Theaterstücke, Hörspiele und Prosatexte des Schweizer Autors Martin K. Menzinger aus.

Für sein Theaterstück "Trixi Baby" erhielt er den Preis der Schweizerischen Autorengesellschaft in Lausanne. Martin K. Menzinger, 1968 in der Schweiz geborener Autor mit österreichischen Wurzeln, lebt in Basel und Linz.

Ein Fundus an Material

Nach Studien an der Universität Basel und einem Abschluss an der Kunsthochschule in Linz hat er in den verschiedensten Jobs vom Gärtner bis zum Stationsgehilfen einer Nervenheilanstalt gearbeitet. In dieser Zeit entstanden viele Texte, ein "Fundus". Zu seiner Materialsammlung und Arbeitweise befragt, meint Menzinger:

Im Laufe der Zeit hat sich sehr viel angesammelt, es entstehen so etwas wie Skizzen, kürzere Skizzen, manchmal längere Skizzen. Das meiste verwirft man dann wieder, wirft es weg bzw. in den Papierkorb des Computers. Irgendwie ist das wie ein riesengroßer Baum mit Ästen und mit Wurzeln, so als sprachliches Gesamtsystem. Das kann man als diesen Fundus bezeichnen. Gewisse Teile verfolgt man dann über einen längeren oder sehr langen Zeitraum und dann entsteht im besten Fall ein längerer Textkörper, sprich ein Theaterstück.

Die Sprache als Katapult

In "Trixi Baby. Eine Curretage", findet Menzinger für die verschiedenen Realitätsebenen eine eigene Kunstsprache, einen eigenen Sprachrhythmus. Der Hörspieltext entwickelte sich aus Skizzen um einen Moderator, seine Radioshow und anrufende Zuhörerinnen und Zuhörer.

Nach einer szenischen Lesung des Textes entstand der Wunsch, an der stärksten Rolle weiterzuarbeiten. Daraus entstand "Trixi Baby", ein Monodrama. Der Autor fordert in seinem Vorwort dazu auf, dem Wort "bis aufs Blut" auf den Grund zu gehen.

Einerseits haut dich die Geschichte sehr tief runter - unter die Erde, in die Hölle rein, in den tiefsten Keller, mit diesem Katapult, andererseits mit einer umgekehrten Bewegung in den Himmel rauf, also vielleicht vom Albtraum in den Traum rauf - der Wünsche, Sehnsüchte , des vielleicht ganz leisen zarten Fliegens. Diese Arbeit ist auch körperlich sehr verzehrend, vereinnahmend; vielleicht braucht man dann so etwas wie ein Gegengewicht, um so eine Geschichte auch - sowohl als Schreibender als auch als Rezipient - überhaupt aushalten zu können.

Ein Akt der Selbstzerfleischung

Der Dramatiker Werner Schwab war und ist für den Autor wichtig. Die Sprachwut und Sprachlust Schwabs hat Menzinger begeistert, die eigenständige Sprachform tief berührt. Und im Gedanken, auf seine eigene Art und Weise langsam und in einer gewissen Radikalität zu seiner eigenen Sprachform zu finden, bestärkt. "Eine Curretage", der Untertitel von "Trixi Baby", hat in einer weiteren Lesart auch mit dem Schreibverständnis des Autors zu tun:

Der Untertitel kommt eigentlich vom Schreiben selbst. Er ist für den Text insofern sehr wichtig, als der schreiberische Prozess etwas Ausschabendes gehabt hat. Ich habe immer das Gefühl gehabt, ich kratze oder ich schabe die Sprache aus meinem Körper solang raus, bis ich selbst als Schreibender komplett leer bin. Als ob ich zuerst etwas abtöten müsste, damit dann tatsächlich Text entsteht. Im Grunde genommen ein ganz grotesker Gegensatz, aber so lässt sich mein Arbeitsprozess auf den Punkt bringen.