Zehn Jahre Öresundbrücke
Weniger Kritiker, mehr Pendler
Wirtschaftlicher Aufschwung und ein Zusammenwachsen von Dänemark und Schweden - die Erwartungen in der strukturschwachen Region Südschwedens an die Öresundbrücke waren hoch. Kritiker bemängelten die hohen Projektkosten sowie die Auswirkungen auf die Umwelt.
8. April 2017, 21:58
"Es war wie auf einer Vulkaninsel, die aus dem Meer aufsteigt."
Hans Ohrt, Umweltgutachter beim Brückenkonsortium, über die Entwicklung der Flora und Fauna auf der künstlichen Insel Pepparholmen
Dänisch-schwedischer Alltag
Vor zehn Jahren wurde die Verbindung vom dänischen Kopenhagen mit dem schwedischen Malmö eingeweiht, heute pendeln 20.000 Menschen täglich über den Öresund - zehn Mal mehr als vor zehn Jahren. Der Großteil von ihnen sind Schweden, die in der Hauptstadtregion Kopenhagen Arbeit gefunden haben und von dem günstigeren Wohnungsmarkt in Malmö profitieren.
Auf dänischer Seite entsteht seit einigen Jahren die Örestad, ein neuer Stadtteil unweit der Verbindung über den Sund. 80.000 Menschen sollen hier einmal arbeiten, wenn alles in ein paar Jahren fertig ist. Die wirtschaftliche Bilanz ist vorwiegend positiv.
Die Nachfrage nach schwedischen Arbeitskräften wird weiter anhalten, schätzt Christer Olsson vom Arbeitsamt Malmö: "Auf dänischer Seite werden in den nächsten Jahren viele Menschen in Pension gehen. Ausgehend von der Entwicklung, die wir bisher hatten, werden viele dieser Stellen mit Schwedinnen und Schweden besetzt werden. Da geht es um Jobs im Dienstleistungsbereich, aber auch im Gesundheitswesen und im Bereich Biotechnologie."
Streitpunkt Finanzausgleich
Allein der finanzielle Ausgleich zwischen den Ländern für das geteilte Leben zwischen Wohnen und Arbeiten auf den verschiedenen Seiten des Sundes gefällt schwedischen Politikern nicht. Zwar zahlt Dänemark, das die Einkommenssteuer der Pendler von der schwedischen Seite einstreicht, einen Ausgleich an die Region Schonen. Doch dieser ist zu gering, kritisiert etwa Malmös Oberbürgermeister Ilmar Reepalu.
"Durch das bestehende Steuerabkommen mit Dänemark verlieren wir in Malmö etwa zehn bis fünfzehn Millionen Euro pro Jahr", sagt Reepalu. "Dieses Geld entgeht dem Budget, das Schweden für den Finanzausgleich zwischen den Regionen bereit hält."
Florierende Wasserwelt
Verhallt sei hingegen die Kritik der Umweltaktivisten von damals, sagt Kjell Andersson, der an der Technischen Universität Lund das Leben im Wasser unter der Brücke erforscht. Die Brückenpfeiler erschweren den Zufluss von sauerstoffreichem Wasser aus dem Öresund in die Ostsee, unkten Kritiker vor dem Bau der Brücke. Das wirke sich negativ auf die Fortpflanzung des Dorsches aus. Auch die Wanderrouten des Herings würden gestört.
Bewahrheitet hätten sich diese Befürchtungen nicht, sagt Andersson, der regelmäßig interessierte Fachleute zu einer Tour an die Pfeiler der Öresundbrücke mitnimmt. Es gäbe heute Anzeichen für reichhaltiges Leben unter Wasser, sagt der ausgebildete Taucher und Ingenieur, einige Fischarten seien zurückgekommen und die Bedingungen für die im Öresund heute besser als in der Ostsee.
Weitere Brücke in Planung
Im nördlichen Teil des Öresunds schmieden sie bereits Pläne für einen weiteren Brückenbau, der die Fährverbindung von Helsingborg in Schweden nach Helsingör in Dänemark ersetzen soll. In fünf Minuten könnte man dann auf der anderen Seite sein, schätzt Peter Danielsson, Bürgermeister von Helsingborg:
"Der Bau der Öresundbrücke ist ein Erfolg, der alle Prognosen übertroffen hat, vor allem im Transportsektor. Doch die Zunahme des Verkehrs wird spätestens in zehn Jahren zu Kapazitätsproblemen führen. Und deshalb müssen wir schon heute mit den Planungen für die neue Brücke beginnen."
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