Politologen zum Phänomen "Sommergespräche"

Imagepflege und Kommunikationstaktik

Unter dem Motto "Politik im Zeichen der Krise" stehen wieder die alljährlichen Sommergespräche des ORF-Fernsehens mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft. Auch in Radio und Printmedien zeigen sich die Politiker äußerst gesprächig. Für Parteistrategen ist die Bedeutung dieser Interviews kaum zu überschätzen.

Mittagsjournal, 09.08.2010

Gute Reichweite

Die heimischen Politikgrößen erreichen in den Sommermonaten in ausführlichen und entspannten Interviews für Printmedien, Radio und Fernsehen einen großen Anteil der Wählerschaft. Der Politologe Peter Filzmaier: "Die Zahl der Zuseher, Zuhörer oder der Leser ist extrem hoch, wenn man es als Marktanteil sieht. Es sind im Sommer mehr Leute auf Urlaub. Aber von jenen, die hier sind, sieht sich jeder vierte Wahlberechtigte die ORF-Sommergespräche an."

Gelegenheit zur Imagepflege

Eine attraktive Möglichkeit also, um auch in den Ferienmonaten in einer stressfreien Atmosphäre politische Botschaften zu übermitteln und das, während des Jahres möglicherweise angeknackste, Image zu pflegen. "Man kann besser die Partei und ihr grundsätzliches Programm darstellen. Aber man kann auch Sympathie-Management betreiben", so Peter Filzmaier.

Lockerheit kommt an

Sommergespräche bringen Politikern vor allem mediale Präsenz, sagt auch der Politologe und Meinungsforscher Peter Hajek. Und sie können zusätzlich punkten, wenn es ihnen da gelingt, sich locker zu geben: "Grundsätzlich kommt es gut an, wenn ein Politiker zeigt, dass er auch ein Mensch wie der Wähler ist. Menschen sind oft an privaten oder persönlichen Dingen der Politiker interessiert. Aber der Politiker sollte nicht vergessen, dass er trotz alledem eine politische Funktion hat."

"Kommunikationstaktisch wichtig"

Den Medien dienen Sommergespräche als Stilmittel, so Hajek: "Man möchte Politiker von einer anderen Seite zeigen." Gerade in diesem Sommer könnten die Sommergespräche aber mehr Relevanz haben, sagt der Politologe Fritz Plasser: "Zum einen sind das die anstehenden Landtagswahlen in Wien und Steiermark. Zum anderen kommt dann der Zeitpunkt, an dem die Bundesregierung mitteilen wird, welche Konsolidierungs-, Einsparungs- und Belastungsmaßnahmen unverzichtbar sein werden. Da sind diese vorgeschalteten Gespräche sehr wichtige kommunikationstaktische Gelegenheiten."