Großer Wert und kleiner Preis
Architekturausbildung in Österreich
Die österreichischen Universitäten haben handfeste Finanzierungsprobleme. Etwas bange sieht man daher vor allem an den Architekturfakultäten dem Herbst entgegen, denn Architektur erfreut sich seit einigen Jahren größter Beliebtheit.
8. April 2017, 21:58
Kultur aktuell, 30.08.2011
Allein an der TU Wien werden sich wieder 1.100 Architektur-Erstinskribenten etwa 400 - 600 Studienplätze teilen müssen. An der Universität für Angewandte Kunst hat man aus Kostengründen den Bachelor der Studienrichtung Architektur ganz einfach abgeschafft.
Heute Nachmittag im "Kulturjournal" hören Sie ein ausführliches Gespräch zum Thema: Architekturausbildung in Österreich.
Prüfungsphase zu Studienbeginn
Eine Aufnahmsprüfung wird es auch heuer an der TU Wien nicht geben. Ein Set von Prüfungen in der Eingangsphase soll aber klar stellen, wer es schafft und wer nicht - noch während des 1. Semesters.
Obwohl es an der Universität für Angewandte Kunst seit jeher Aufnahmsprüfungen gab, und jährlich nicht mehr als 15 bis 20 Studenten aufgenommen wurden, schafft man heuer das Bachelorstudium ab, um Geld zu sparen. Mit einigen wenigen handverlesenen Professoren wie Greg Lynn, der Pritzkerpreisträgerin Zaha Hadid und Wolf Prix von Coop Himmelblau - lauter sogenannten Stararchitekten - will die Angewandte damit ihren Ruf als Eliteschmiede endgültig zementieren.
Motive der Studierenden
Die größere mediale Aufmerksamkeit spiele eine wichtige Rolle, dass Architektur zum Modestudium wurde, meint Wolf Prix.
Christian Kühn, Studiendekan der Studienrichtung Architektur an der TU Wien, sieht seine Studierenden vom Idealismus geleitet und nennt die Stichworte Weltveränderung und Ökologie.
Auch wenn Architekten im Arbeitsalltag dann oft Sachzwängen ausgesetzt sind, die solche Ambitionen zunichtemachen, propagiert Christian Knechtl, Prorektor an der privaten New Design University St. Pölten die Umweltverantwortung der Architektur. Seine Stichworte sind Verdichtung, Nachnutzung und Gebrauchsverlängerung.
Mehr privat
Mit der Fachrichtung Innenarchitektur steht die New Design University für eine neue Differenzierung des Architekturstudiums. Zur Vielfalt trägt auch an der TU Wien das neue Masterstudium "Building science", das stark auf Bauphysik setzt. Als Privatuni steht die New Design University aber ganz anders da als die vom Bund abhängigen Universitäten: Sie wird vom WIFI finanziert und hebt pro Semester 2.500 bis 3.500 Euro an Studiengebühren ein. Statt Finanzprobleme zu haben expandiert sie ständig.
Die österreichische Lebenslüge
Auf die Frage, was geschähe, wenn nun andere Architekturuniversitäten dem Vorbild der Angewandten folgen und den Bachelor einsparen, sagt Christian Kühn mit Hinblick auf die Autonomie der Universitäten, dass das wäre ein interessantes Experiment, um die Politik an der Nase zu nehmen. Diese müsse endlich die Realitäten zur Kenntnis nehmen und die Lebenslüge des freien Hochschulzugangs für alle bei mangelnder Finanzierung aufgeben. Eine klare Aufforderung an die Politik, Entscheidungen für die Zukunft Österreichs zu treffen.