Österreich in 100 Objekten

Der Ärmelschoner

Ärmelschoner werden zum Schutz der Hemdärmel über diesen getragen. Der Ärmelschoner ist im Wesentlichen ein Schlauch aus Leinengewebe und hat am oberen und unteren Ende jeweils eine Kordel zum Zuschnüren.

Eigentlicher Nutzungszweck

Ärmelschoner wurden bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts von Schreiber/innen, Beamt/innen und Buchhalter/innen benutzt, welche ihre Tabellen und Listen, Schriften, Schriftstücke und Dokumente meist von Hand mit Tinte schrieben. Auch Schriftsetzer/innen arbeiteten beim Umgang mit Bleilettern und Druckerschwärze oft mit Ärmelschonern, um die Ärmel vor Verschmutzung zu schützen. Sie waren für Kochwäsche geeignet und ließen sich besser reinigen als ein Hemd. Bei allfälliger Neuanschaffung waren sie selbstverständlich auch kostengünstiger.

"Kömma net!"

Auch wenn das Kleidungsstück – der Ärmelschoner als Schutz vor Schmutz – heute zur Rarität geworden ist, ist es dennoch in der austriakischen Realität allgegenwärtig. Während in den USA das positive Postulat des "Yes, we can!" regiert, herrscht bei uns das zwischen Agonie, Lethargie und Nihilismus agierende Protektorat der Pragmatisierung.
Im Gegensatz zu den USA, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, ist Österreich das Land der unbegrenzten Unmöglichkeiten, das Land der bekränzten Unwahrscheinlichkeiten. Pragmatisch betrachtet heißt das im – auch jenseits miefiger Amtsstuben im alltäglichen Sprachgebrauch verbreiteten – Amtssprech "Hamma net!", "Tamma net!" und "Samma net!". Conclusio: "Kömma net!"

Der ewig Unzufriedene

Das beinahe Schizophrene an des Österreichers Mentalität ist, dass er eigentlich immer unzufrieden ist. Mit allem und jedem. Politisch, ökonomisch, ökologisch, sozial und gesellschaftlich. Der geborene und der gelernte, im stagnierenden Bildungswesen sozialisierte und im pragmatisierten Arbeitsleben geschützter Werkstätten verwurzelte Österreicher grantelt, raunzt, schimpft und räsoniert von Sonnenaufgang bis lange nach Sonnenuntergang.

Die Schuld des "Anderen"

Fest steht aber, dass Schuld immer "andere" tragen. Veränderungen sollen in Kraft treten – aber bitte nur bei den "anderen". Geniale Schriftsteller wie Johann Nestroy, Ferdinand Raimund, Franz Kafka, Thomas Bernhard, Fritz von Herzmanovsky-Orlando haben dies in wunderbarer, amüsanter, kabarettistischer, peinlich berührender, dekuvrierender und auch desavouierender Art und Weise beschrieben.

Unveränderlich

Gleichgültig wie schnell sich die Erde dreht, wie sehr die globalen Herausforderungen auf unserem Planeten drängen – unverändert und unveränderlich fundamental einzementiert präsentiert sich Kakanien auch am Beginn des 21. Jahrhunderts. Geistige Pragmatisierung ist fundamental einzementiertes Grundrecht. Gesetze werden nur als kurzfristige populistische Klüngel- und Klientel-Befriedung und -Befriedigung beschlossen. Nach ihrem Beschluss werden sie in Augenschein genommen und nach eingehender, jahrelanger Prüfung wieder rückgängig gemacht.
Veränderungsresistenz wird in den Verfassungsrang erhoben.