Kunsthalle Krems: Anna Jermolaewa

Mit 18 ist sie aus der Sowjetunion geflohen, heute ist sie eine vielbeachtete Künstlerin: Anna Jermolaewa übt mit ihren Arbeiten subtile Kritik an der Gesellschaft, vor allem aber an den politischen Zuständen in Russland. Die Kunsthalle Krems zeigt nun Fotografien, Installationen und Videoarbeiten der in Wien lebenden Künstlerin und gewährt damit den bisher umfassendsten Einblick in ihr Schaffen.

Morgenjournal, 15.11.2012

Die aktuellste Arbeit von Anna Jermolaewa trägt den Titel "Gulag". Erst vor knapp zwei Wochen hat die Künstlerin die Dreharbeiten für diese raumgreifende Videoinstallation beendet: Sie begab sich auf die Spuren ihrer eigenen Familiengeschichte und reiste in die russische Straflager-Region Perm, in die einige ihrer Familienmitglieder im Jahr 1930 deportiert worden waren.

Was als Reise in die Vergangenheit konzipiert war, entpuppte sich bald als bedrückend aktuell: Denn Jermolaewa erfuhr, dass in einem der immer noch aktiven Straflager dieser Region Maria Aljochina interniert ist, ein Mitglied der verurteilten Punkband "Pussy Riot".

Immer wieder bezieht sich Anna Jermolaewa in ihren Arbeiten auf aktuelle politische Ereignisse in ihrem Herkunftsland. In ihrer neuen multimedialen Installation "Methods of Social Resistance on Russian Examples" etwa dokumentiert sie die Proteste, die anlässlich der Wiederwahl Vladmir Putins aufgekeimt sind und mitunter äußerst kreativ und humorvoll waren. Mehrmals reiste die 40-jährige Künstlerin im vergangenen Jahr nach Russland, um die Demonstrationen mitzuerleben. Es sei eine sehr aufregende Zeit gewesen, meint Jarmolaewa. An einen gewaltfreien Machtwechsel in Russland glaubt sie allerdings nicht.

Es sind komplexe Themen wie Politik und Macht, Individuum und Gesellschaft, die Anna Jermolaewa zu aussagekräftigen, oft humorvollen Metaphern verdichtet. Fast ein Klassiker ist etwa das Video "Überlebensversuche" aus dem Jahr 2000. Darin sind wackelnde russische Stehaufpuppen zu sehen, die durch eine unbekannte äußere Kraft bald ins Trudeln kommen, bis eine nach der anderen aus dem Bild stürzt. Viele Arbeiten Jermolaewas verweisen auf jene Machtstrukturen der modernen Welt, die zwar immer unsichtbarer werden, aber die Freiheit des Individuums umso wirkungsvoller einschränken.

Die Ausstellung in der Kunsthalle Krems zeigt nun 27 Videoarbeiten, fotografische Serien und Installationen von Anna Jermolaewa. Sie läuft bis zum 17. Februar 2013.

Service

Ö1 Club-Mitglieder bekommen in der Kunsthalle Krems ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).

Kunsthalle Krems - Anna Jermolaewa

Übersicht