Neue Gestaltungsmöglichkeiten für E-Books

Nicht nur Verleger und Händler machen sich über die Buchkultur der Zukunft notgedrungen Gedanken, auch Grafiker und Designer, die in den Möglichkeiten sogenannter e-publications großes Potenzial sehen. Tina Frank zum Beispiel.

Die Designerin, die an der Kunstuniversität Linz Professorin für Visuelle Kommunikation ist, arbeitet an digitalen Publikationen und widmet dem Lesen digitaler Medien auch einen Semester-Schwerpunkt an der Kunstuni Linz. Sie spricht von einer Revolution der Lesekultur, die uns erwartet.

Kulturjournal, 23.11.2012

Die Debatte über die Zukunft des Buches ist oft auf die Frage beschränkt, ob das Buch, als Druckwerk, als physisches Objekt, angesichts der neuen, digitalen Alternativen überlebensfähig ist. Es gibt diejenigen, die sagen, ein digitales Lesegerät, etwa ein Kindle oder ein iPad, ist großartig, weil man darauf Dutzende Bücher speichern kann, ohne viel schleppen zu müssen – und dann gibt es die anderen, die meinen, ein Buch, sein Geruch, seine taktilen Eigenschaften, dieses schöne Objekt im Bücherregal oder auf dem Nachtkasten, ist einfach unersetzbar.

Beide Seiten haben Recht, meint die Kommunikationsdesignerin Tina Frank, und sie ist überzeugt, dass das gedruckte Buch, ebenso wie die Schallplatte, nicht verschwinden wird, weil es zum Sehnsuchtsobjekt von Sammlern wird. Gute Bücher, so Frank, werden in Papierform bestehen bleiben, im Gegensatz zu "Junk-Literatur", die man nicht "bändeweise hortet".

Das Potenzial von digitalen Publikationen

Entwicklungen, die dem Buchmarkt bevorstehen, hat die Musikindustrie bereits hinter sich, beobachtet Frank. An der Kunstuniversität Linz stellt sie gemeinsam mit Studierenden Überlegungen über das Potenzial von digitalen Publikationen an. Behandelt werden zunächst grundlegende Fragen des Leseverhaltens heute und in zehn Jahren.

Ebenso wie Formate von Büchern, Zeitungen und Magazinen dem Leseverhalten ihres Zielpublikums entsprechen, so gilt es in Zukunft auch, digitale Publikationen an die Art ihrer Verwendung zu adaptieren.

"Das Buch lese ich auf der Couch, Abstand 40cm", so Frank. "Das Magazin lese ich auch so, aber das ist mehr ein Schauen als ein Lesen. Es ist nicht das lineare Lesen wie im Buch."

Interessante Experimente möglich

Die medialen Formate Buch und Magazin werden, meint Tina Frank, in Zukunft nicht mehr getrennt werden, sondern sich in ihren Adaptionen für Tablet-Computer, die ja zugleich Benutzeroberfläche und Bildschirm sind, angleichen. Das eröffnet für Programmierer und Designer ein großes Experimentierfeld, sagt Tina Frank, die Regeln dafür würden gerade erfunden.

Tina Frank, die sich sehr früh mit neuen Medien beschäftigt und sie künstlerisch genutzt hat, fühlt sich an die Frühzeit des Internets erinnert, als die formale Gestaltung noch keinem Regelwerk unterlag. Tablet-Computer sind erst seit etwa zwei Jahren auf dem Markt. Sie dienen vielen als Zweitgerät, als Missing-link zwischen dem Internet-tauglichen Telefon und dem Standcomputer. Ein Tablet ist etwa so groß wie ein Buch, bietet aber die Möglichkeit des nicht-linearen Lesens. Das heißt: Während man beim Buch die Seiten umblättert, sie von rechts nach links legt, kann man den Bildausschnitt beim Tablet auch nach oben und unten bewegen, und man kann sogar reinzoomen. Zudem können – selbst wenn es sich um einen konventionell aufgebauten Roman handelt – Audio- und Video-Zuspielungen untergebracht werden. "Genau darin liegen die interessanten Experimente", meint Frank.

Möglich ist, so Tina Frank, eine neue Form des Geschichtenerzählens zu entwickeln. Dadurch, dass das Lesegerät online ist, können von Lesern untereinander Informationen ausgetauscht werden oder Handlungen interaktiv mitgeschrieben werden. Das könnte vor allem der angeblich lesefaulen Jugend den Zugang zu Literatur, aber auch zu Schulungsmaterial, ebnen.

Angeblich ist jedes dritte in den USA verkaufte Buch bereits digital. Und laut Prognosen wird in drei Jahren die Hälfte aller gedruckten Magazine verschwunden sein und nur noch digital abonniert werden können. Das Lesen, so die Kommunikationsdesignerin Tina Frank, wird sich nicht mehr beschränken auf die Aufnahme von Informationen, sondern es wird sich mit Design und Kunst in vielfach unterschiedlichen Medien verknüpfen.

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