Das war 2012 - Jahresrückblick der Journale

Umfangreicher U-Ausschuss - Prozesse - Vorbereitung auf Super-Wahljahr 2013 - BAWAG und Strasser - "Triple A" weg - ESM beschlossen - Griechen haben die Wahl - Finanztransaktionssteuer in 10 Ländern - Friedensnobelpreis für EU - Machtwechsel in Frankreich - Bürgerkrieg in Syrien - Muslimbrüder erobern Ägypten - Palästinenser anerkannt - Russland spürt Putins harte Hand - Wachablöse in China - Burma öffnet sich - Obama im Amt bestätigt - Deutschland: Gauck folgt Wulff - Wehrpflicht: Abstimmung in Österreich - Frank Stronach steigt ein - Bildungsreformen und Studiengebühren - Anhaltende Asylproblematik - Geld für Problembanken - Pleiten, Pannen und Sparpakete - Katastrophen und Unglücksfälle - Erfreuliches in der Kultur - Tiefpunkte und Höhenflüge im Sport - Stimmen, die für immer verstummt sind.

Mittagsjournal, 31.12.2012

Umfangreicher U-Ausschuss

Korruption ist das innenpolitisch folgenschwerste Schlagwort des Jahres. Gleich im Jänner tritt ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss an, eine Vielzahl von Affären und Skandalen aufzuklären. Zu den schillerndsten Figuren zählt der frühere Telekom-Lobbyist Peter Hochegger. Ebenso wie Ex-Finanzminister Grasser muss Hochegger mehrmals vor den Ausschuss. Im Zuge der Ermittlungen des Ausschusses zur umstrittenen Vergabe des neuen Behördenfunknetzes gerät der Kabinettschef des seinerzeitigen Innenministers Ernst Strasser von der ÖVP in Bedrängnis, Christoph Ulmer, wegen Kontakten zum US-Konzern Motorola, und auch Vielfach-Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly. Im Juni gibt sich die ÖVP auf Initiative von Obmann Michael Spindelegger einen Anti-Korruptions-Verhaltenskodex. Der Nationalrat verabschiedet Ende Juni ein Transparenzpaket für Parteispenden, aber nicht alle Schlupflöcher werden geschlossen. Im September der große Knall im Untersuchungsausschuss: Obfrau Gabriela Moser (Grüne) geht, nach einem Streit um Aktenlieferungen, die die anderen Parteien verhindern wollten. Walter Rosenkranz (FPÖ) übernimmt den Ausschussvorsitz, aber der Ausschuss ist de facto schon nahe am Ende. Der wichtigste Nicht-Aussagende dieses Ausschusses ist Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), aber Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) und Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) erscheinen - letzterer selbst attackiert wegen umfangreicher Inseratenkampagnen vor allem in ÖVP-nahen Bauernzeitungen. Nach 132 Zeugen endet der Ausschuss am 11.Oktober, "knallhart abgedreht" von der Regierung, beklagt Ex-Vorsitzende Moser.

Prozesse

Ein Hotspot der mutmaßlichen oder nachgewiesenen Korruption ist Kärnten mit gleich einigen aufsehenerregenden Verfahren: Der ehemalige Kärntner ÖVP-Obmann Josef Martinz wird im Oktober im Prozess um Machenschaften des Steuerberaters Dietrich Birnbacher bei der Privatisierung der Hypo-Alpe-Adria-Bank zu fünfeinhalb Jahren Haft nicht rechtskräftig verurteilt. Birnbacher selbst kommt nach einem Geständnis mit einer überwiegend bedingten Haftstrafe davon. Schon Mitte Jänner war Martinz als Landesrat zurückgetreten, nach dem Urteil verlässt er die ÖVP.

Kalt-warm verläuft das Justizjahr für den Kärntner Vizelandeshauptmann Uwe Scheuch. Im April die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils in der "Part of the Game"-Affäre rund um angebliche Korruption bei Einbürgerungen. Anfang Juli das neue Urteil, sieben Monate Haft bedingt und eine hohe Gelstrafe - wieder nicht rechtskräftig, neue Berufung. Am 1.August der Rücktritt Uwe Scheuchs als Landeshauptmannstellvertreter und als FPK-Obmann. Bruder Kurt Scheuch übernimmt seine Funktionen. Am 19.Dezember das dritte und nun rechtskräftige Urteil, es bleibt bei sieben Monaten bedingt, die Geldstrafe wird ungefähr halbiert.

Vorbereitung auf Super-Wahljahr 2013

Im Kärntner Landtag verhindert die FPK durch Auszüge ihrer Abgeordneten aus dem Landesparlament, dass mit der an sich ausreichenden Mehrheit aller anderen Parteien vorgezogene Neuwahlen beschlossen werden. Erst Mitte Dezember fällt der Beschluss: Neuwahlen in Kärnten am 3.März, auch Niederösterreich wird an diesem Tag wählen.

Vorgezogene Neuwahlen stehen auch Salzburg bevor, wegen eines im Dezember aufgedeckten Riesenskandals. Eine Landesbeamtin hat offensichtlich rund 340 Millionen Euro Steuergeld an allen Kontrollen vorbei verspekuliert. Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, SPÖ, kommen beim Eingeständnis des Skandals im Landtag die Tränen. Finanzlandesrat und Burgstaller-Vize David Brenner tritt nach einigen Tagen zurück.

BAWAG und Strasser

Am 18.Dezember folgt das nicht rechtskräftige Urteil in der zweiten Auflage des BAWAG-Prozesses: Freisprüche für sechs der sieben Angeklagten. Hauptangeklagter Wolfgang Flöttl, ist erleichtert.

Noch kein Urteil im Korruptionsprozess gegen Ex-Innenminister Ernst Strasser, der daran festhält, nur zum Schein gegen Bestechungsgeld lobbyiert zu haben - angeblich zur Aufdeckung geheimdienstähnlicher Aktivitäten.

"Triple A" weg

Wirtschaftspolitisch beginnt das Jahr 2012 für Österreich mit einem Tiefschlag: Die US-Ratingagentur Standard&Poor's entzieht Österreich wegen der hohen Staatsverschuldung die Höchstnote "Triple A". Trotz aller Bedenken ganz rasch eine politische Reaktion: Die Bundesregierung legt schon am 10.Februar ein umfangreiches Sparpaket vor, unter anderem mit Einschnitten für Beamte und Pensionisten sowie Kürzungen beim Bausparen und bei der geförderten Zukunftsvorsorge. Ziel ist ein Nulldefizit 2016. 28 Milliarden Euro soll das Sparpaket bringen. Eines der Hoffnungsgebiete von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) ist ein Steuerfluchtabkommen mit der Schweiz, vereinbart Mitte April. Österreichisches Geld, das in der Schweiz geparkt ist, wird damit automatisch besteuert. Durch das Abkommen soll eine Milliarde Euro in das Budget fließen. Anfang Mai der nächste Schritt zur Budgetkonsolidierung: Ein Stabilitätspakt zwischen Bund und Ländern, ebenfalls mit dem Ziel eines ausgeglichenen Budgets ab 2016. Auch im Gesundheitswesen sollen Sparschritte kommen. Bund, Länder und Sozialversicherungen beschließen eine künftig gut abgestimmt Planung der Gesundheitsversorgung. Die Ärztevertreter befürchten Nachteile und mobilisieren gegen die Reform. Am 16.Novermber geht das Budget durch den Nationalrat.

ESM beschlossen

Österreich kann sich mit seiner starken Wirtschaft die ärgsten Auswirkungen der Schuldenkrise im Jahr 2012 noch vom Leib halten, auch wenn die Arbeitslosigkeit zu Jahresende spürbar steigt. Als Mitglied der Eurozone und Nettozahler ist unser Land aber unmittelbar erfasst von den existenzgefährdenden Problemen der Gemeinschaftswährung. Ende Jänner fällt bei einem EU-Gipfel in Brüssel die Entscheidung für den riesigen dauerhaften Euro-Rettungsschirm, den Europäischen Stabilitäts-Mechanismus (ESM). Unmittelbar darauf fällt in Brüssel der Beschluss eines Fiskalpaktes, einer Grundsatzvereinbarung über Schritte gegen eine ausufernde Staatsverschuldung. 25 der 27 EU-Länder sind dabei, Großbritannien und Tschechien nicht. In Österreich fixiert Bundespräsident Heinz Fischer am 17.Juli das O.K. zu ESM und Fiskalpakt.

Griechen haben die Wahl

Brennpunkt der europäischen Schuldenkrise ist und bleibt Griechenland. Die EU und der Internationale Währungsfonds verlangen strenge Einschnitte - für viele Menschen in Griechenland eine Bedrohung ihrer Existenz. Am 12.Februar beschließt das griechische Parlament gegen alle Widerstände das geforderte Sparpaket. Schwere Ausschreitungen in Athen und an zahlreichen anderen Orten in Griechenland, die politische Landschaft ist im Umbruch. Am 6.Mai Parlamentswahl in Griechenland, starke Verluste der bisher dominierenden Konservativen und Sozialisten, Gewinne für extrem Linke und extrem Rechte, und ein letztlich unlösbares Ringen um eine neue Regierung. Der einzige Ausweg: eine weitere Wahl, am 17.Juni. Die Konservativen bleiben knapp vorne, dahinter die Linkspartei Syriza und dann erst die Sozialisten. Aber das Patt ist gebrochen, eine Drei-Parteien-Koalition gelingt mit Konservativen, Sozialisten und der demokratischen Linken. Der konservative Antonis Samaras wird Ministerpräsident.
Der EU ist klar, dass Griechenland ohne weitere Hilfe von außen nicht von selbst wieder auf die Beine kommt. In Brüssel wird deshalb wochenlang um diese Hilfe gerungen. Nach einer Marathonsitzung einigt sich die Eurogruppe auf ein neues Paket im Ausmaß von 44 Milliarden Euro. Das Paket besteht aus einem Maßnahmenmix aus Schuldenrückkauf, Zinssenkungen und längeren Kreditlaufzeiten. Der befürchtete Schuldenschnitt für die öffentlichen Gläubiger, bei dem Geld der europäischen Steuerzahler abgeschrieben werden müsste, kann vorerst abgewendet werden.

Finanztransaktionssteuer in 10 Ländern

Im Juli senkt die Europäische Zentralbank im Kampf gegen die Finanz- und Schuldenkrise erstmals seit Euro-Einführung den Leitzins auf unter ein Prozent, nämlich auf 0,75 Prozent. Am 23.Oktober beschließen zehn Euroländer die Einführung einer Finanz-Transaktionssteuer. Auch Österreich macht mit, später kommen zwei weitere Länder hinzu. Befürworter sehen die Finanztransaktionssteuer als wirksame Waffe gegen die Krise und ihre Kosten, Gegner halten sie für wenig wirksam, weil Investoren einfach abwandern und ihre Geschäfte außerhalb Europas machen könnten.

Friedensnobelpreis für EU

Höchste Anerkennung erfährt das EU-Friedensprojekt als Ganzes am 12.Oktober: Der Friedensnobelpreis 2012 wird der EU zuerkannt - für Ratspräsident Herman van Rompuy fast logisch, denn die EU sei das größte Instrument des Friedens in der Geschichte.

Machtwechsel in Frankreich

Politisch unmittelbar verknüpft mit der europäischen Schuldenkrise sind Wahlen in Frankreich - Präsidentenwahlen und Parlamentswahlen. Der konservative Nicolas Sarkozy wird als Präsident abgewählt, der Sozialist Francois Hollande folgt nach - ein Wahlerfolg erkauft mit vielen Versprechungen. Die Euphorie währt allerdings nicht lange, Hollande stürzt in den Meinungsumfragen bald ab, als sich zeigt, dass Frankreich immer tiefer in die Schuldenkrise hineingerissen wird. Daran kann auch ein Machtwechsel im Parlament zugunsten der Sozialisten nichts ändern.

Bürgerkrieg in Syrien

Syriens Präsident Bashar Al-Assad versucht, jede Regung der Opposition sofort mit äußerster Gewalt zu ersticken. Das Militär wird in den Kampf gegen das eigene Volk geschickt, nach und nach eskaliert die Lage bis zum offenen Bürgerkrieg. Das Ausland reagiert zunächst mit diplomatischen Initiativen und einer Beobachtermission der Arabischen Liga. Schon im Jänner müssen sich die Beobachter zurückziehen, später auch UNO-Blauhelme. Der frühere UNO-Generalsekretär Kofi Annan ist monatelang als Vermittler tätig, Anfang August wird sein Versuch als gescheitert aufgegeben. Aber der Druck der Opposition kommt dennoch bald ganz nahe an Assad und seinen engsten Kreis heran, immer mehr Regierungsvertreter und Militärs setzen sich ab. Mitte Juli ein Bombenanschlag, bei dem ein Schwager von Assad und der syrische Verteidigungsminister getötet werden.

Muslimbrüder erobern Ägypten

In Ägypten versuchen die Muslimbrüder, nach der Parlamentsmehrheit auch das Amt des Staatsoberhauptes zu erobern. Mit Erfolg: Nach einer Stichwahl am 17.Juni wird der Kandidat der Muslimbrüder, Mohammed Mursi, der erste frei gewählte Präsident Ägyptens. Nach einer Phase der vorübergehenden Ruhe dann im Herbst der ungenierte Griff des Präsidenten und seiner Muslimbrüder nach der unbeschränkten Macht: Mursi stellt sich mit Dekreten quasi als Alleinherrscher über den Rechtsstaat. Im Eilverfahren peitschen die Muslimbrüder dann eine Verfassungsvolksabstimmung im Dezember durch. Kurz vor dem Verfassungsreferendum ein Teilrückzieher Mursis bei den umstrittenen Machtdekreten, aber das Streben der Islamisten nach der absoluten Macht in Ägypten bleibt überdeutlich.

Palästinenser anerkannt

Der "klassische" Nahostkonflikt zwischen Israel und den Palästinensern lebt nach einer Phase der gespannten Waffenruhe Anfang November wieder auf. Extremisten der Hamas im Gazastreifen beginnen wieder mit Raketenangriffen gegen Israel, daraufhin Gegenschläge, vor allem Luftangriffe. In der zweiten Novemberwoche wird daraus ein kurzer, aber sehr heftiger Krieg mit Dutzenden Toten auf Palästinenserseite und einigen wenigen in Israel. Nach fünf Tagen kommt ein von Ägypten initiierter Waffenstillstand zustande - für die Palästinenser ein gefühlter Sieg. Am 29.November folgt ein wirklicher Sieg der Palästinenser - einer am UNO-Parkett: Die Anerkennung als Staat mit Beobachterstatus.

Russland spürt Putins harte Hand

Auf Knebeln statt Diskutieren setzt im Jahr 2012 mehr denn je der starke Mann Russlands, Wladimir Putin. Nach einer Zwischenphase als Ministerpräsident hinter einem gefügigen Präsidenten kommt Putin am 5.Februar wieder selbst und offiziell an die Staatsspitze, sein Vasall Dmitri Medwedjew rochiert zurück Richtung Ministerpräsident. Die russische Opposition lässt sich nicht einschüchtern. Mehrere Großkundgebungen finden statt, "Russland ohne Putin" wird gerufen. Anfang Juni schlägt das Putin-Imperium mit einem neuen Versammlungsgesetz zurück - regimekritische Demonstranten werden mit extrem hohen Geldstrafen oder sogar Haft bedroht. Oppositionsfreundliche ausländische Gruppen müssen damit rechnen, dass sie als Auslandsagenten verurteilt werden. Einige aus der Anti-Putin-Fraktion singen gegen den Quasi-Alleinherrscher an, an provokantem Ort mit provokantem Text - die Frauen-Punkgruppe "Pussy Riot". Die Strafe: Zwei Jahre Straflager, eine der drei Betroffenen kommt später auf Bewährung frei. Kulturschaffende in aller Welt protestieren vehement gegen das Politurteil gegen Pussy Riot.

Wachablöse in China

Auch China verharrt in diesem Jahr weit abseits aller westlichen Vorstellungen von Demokratie. Zunächst neuerlich ein Tauziehen um einen Dissidenten: Der blinde Chen Guangcheng flüchtet aus langem Hausarrest in die US-Botschaft in Peking. Am 19.Mai wird ihm die Ausreise in die USA gestattet. Mitte November eine rituelle politische Wachablöse in China: Nach zehn Jahren ist die Ära von Staatschef Hu Jintao zu Ende, der kommende Mann heißt Xi Jinping, beschrieben als aalglatter Apparatschik, seit 15.November Parteichef. In seiner Antrittsrede ein allgemein gehaltenes Bekenntnis zu Reformen.

Burma öffnet sich

Öffnung und Reform zeigt sich in Chinas Nachbarschaft, in Myanmar, dem früheren Burma: Dort haben die lange Zeit regierenden Militärs gerade noch rechtzeitig den Zug der Zeit erkannt und freie Parlamentsnachwahlen zugelassen - ein großer Wahlerfolg für Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Sie kommt nach vielen Jahren Hausarrest ins Parlament. Am 19.November ein weiterer Meilenstein der Öffnung Myanmars: Unmittelbar nach der Wiederwahl am 6.November kommt US-Präsident Barack Obama zu Besuch.

Obama im Amt bestätigt

Das Wahlkampfjahr in den USA war lange Zeit dominiert gewesen von einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Obama und dessen republikanischem Konkurrenten Mitt Romney, einem steinreichen Industriellen, parteiintern nominiert nach einem Wahl-Krampf vor allem gegen die erzkonservative Tea-Party. Romney und sein Vizepräsidentenkandidat Paul Ryan kommen dem Titelverteidigerduo Barack Obama-Joe Biden zwischendurch in den Umfragen nahe - am Wahltag selbst aber dann doch eine klare Entscheidung für Obama. Befreit kann der neue alte Präsident seinen Sieg feiern.

Deutschland: Gauck folgt Wulff

Deutschland erhält in diesem Jahr ein neues Staatsoberhaupt, denn Bundespräsident Christian Wulff von der CDU muss am 17.Februar zurücktreten - nach einer Korruptionsaffäre. Ziemlich rasch die Einigung zwischen Regierung und Opposition auf einen unbestrittenen und ehrenhaften Nachfolger: Joachim Gauck, evangelischer Geistlicher, ehemaliger DDR-Bürgerrechtler und Aufarbeiter der Stasi-Vergangenheit.

Wehrpflicht: Abstimmung in Österreich

Ende August einigt sich die Regierung darauf, das Volk darüber entscheiden zu lassen, worauf sie sich nicht einigen kann: über die Zukunft der Wehrpflicht. Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) hatte sich vom mächtigen Wiener Bürgermeister Michael Häupl umschwenken lassen auf einen Kurs weg von der Wehrpflicht und hin zu einem Berufsheer. Die ÖVP möchte lieber beim bisherigen Wehrmodell bleiben, auch mit der Begründung, den Zivildienst und freiwillige Hilfsorganisationen nicht zu gefährden. Volksbefragungstermin ist der 20.Jänner 2013.

Frank Stronach steigt ein

Das BZÖ wird heuer plötzlich von der kleinsten zur nur zweitkleinsten Parlamentspartei, aber durch einen abrupten internen Aderlass: Fünf BZÖ-Abgeordnete wechseln zu Politik-Quereinsteiger Frank Stronach. Das Team Stronach bekommt Klubstatus und Fördergelder. Der austro-kanadische Industrielle und Parteigründer absolviert einige exzentrische Medienauftritte.

Bildungsreformen und Studiengebühren

Bildungspolitisch werden im Jahr 2012 einige Reformen auf den Weg gebracht, die modulare Oberstufe, die Neue Mittelschule, die flächendeckende Ganztagsschule. Ein Aufregerthema bleiben die Studiengebühren: Die Universität Wien prescht Ende April mit einer Wiedereinführung vor, manche Unis ziehen mit, andere bleiben vorerst gebührenfrei. Am 9.November eine Regierungsklausur mit einer Neuordnung: Gebühren allgemein für Langzeitstudierende und EU-Ausländer, sowie weitere Zugangsbeschränkungen.

Anhaltende Asylproblematik

In der Asylpolitik soll ein Gipfeltreffen Ende Oktober endlich das Problem der Flüchtlingsquartiere in den Bundesländern lösen. Die Zusagen werden bis zum Stichtag Ende November von allen Ländern bis auf Oberösterreich erfüllt. Das Lager Traiskirchen wird endlich entlastet, die Zustände dort waren mehr als bedenklich, besonders für die kaum betreuten Minderjährigen, wie Heinz Fronek vom Verein Asylkoordination kritisiert. Ende September macht eine Ö1-Recherche aufmerksam auf unhaltbare Zustände in der Kärntner Flüchtlingsanstalt auf der Saualm. Landeshauptmann Gerhard Dörfler zieht letztendlich die Notbremse.

Geld für Problembanken

Wirtschaftspolitisch ist Kärnten nach wie vor bedrängt von den Problemen um die Hypo Alpe-Adria-Bank. Ende Mai werden vier Ex-Vorstände nicht rechtskräftig teils zu unbedingten Haftstrafen verurteilt. Im Herbst meldet die notverstaatlichte Bank wieder milliardenschweren Kapitalbedarf an. Diese Zuschüsse erhöhen das Budgetdefizit von drei auf 3,2 Prozent. Schon im Februar wurde die Volksbanken AG teilverstaatlicht - mehr als eine Milliarde Euro wird zugeschossen, die EU billigt das ganze unter strengen Sparauflagen.

Pleiten, Pannen und Sparpakete

Zwei deutsche Großunternehmen gehen 2012 pleite, der Neckermann-Versand Mitte Juli und schon im Jänner die Drogeriemarktkette Schlecker. In Österreich werden die Schlecker-Standorte verkauft und in Nahversorger umgewandelt. Eine Anlegerpleite wird in den USA der Börsegang der Onlineplattform Facebook. Schon wenige Tag nach dem euphorischen Läuten der Wall Street-Glocke stürzen die Facebook-Aktien massiv ab und erholen sich bis auf weiteres wegen Zweifeln über die Zukunft von Facebook nicht mehr. Zukunftsängste auch bei der Flugliniengruppe Lufthansa-AUA. Sparmaßnahmen führen in Deutschland zu einer Streikwelle und in Österreich zu einem Unternehmensumbau.
Ohne Streiks und gröbere Proteste verlaufen heuer die wichtigsten Herbstlohnrunden: Metallergewerkschafter Rainer Wimmer freut sich über rund 3,4 Prozent mehr. Im Handel gibt es heuer rund drei Prozent Lohnerhöhung.

Katastrophen und Unglücksfälle

Am 13.Jänner die Havarie des Kreuzfahrschiffes Costa Concordia vor der italienischen Insel Giglio, am 20.Mai ein schweres Erdbeben in der italienischen Emilia-Romagna - 27 Tote und tausende Obdachlose. Im Spätsommer mehrmals schwere Unwetter in der Obersteiermark - Millionenschäden. Ende Juli ein riesiger Stromausfall in Indien - 600 Millionen Menschen sind betroffen. Zwei schwere Hurrikans über den USA, Ende Juni "Isaac" im Süden, Ende September "Sandy" an der Ostküste - beide Male Schäden in Milliardenhöhe, "Sandy" lähmt tagelang die Stadt New York. Und Anfang Dezember hunderte Tote bei Taifunen über den Philippinen.

Erfreuliches in der Kultur

Gute Nachrichten hat 2012 für Österreich die Filmwelt zu bieten: Gleich zwei höchstrangige Auszeichnungen, unter anderem die Goldene Palme von Cannes. Jubel in Cannes für Michael Haneke und eine angeblich gute Chance auf den Auslandsoscar 2013. In Venedig freute sich Regisseur Ulrich Seidl über den Spezialpreis der Jury - für den Film "Paradies: Glaube".

Tiefpunkte und Höhenflüge im Sport

Sport-Höhepunkt des Jahres die Olympischen Spiele in London - ein Tiefpunkt allerdings für Österreich: Keine Medaille, nur ein paar recht gute vordere Plätze. Überhaupt Zuschauer war Österreich bei der Fußball-Europameisterschaft, die Spanien mit einem 4:0-Finalsieg über Italien gewonnen hat. Grund zu jubeln hatten die österreichischen Schiläufer. Marcel Hirscher hat heuer den Gesamtweltcup gewonnen. Und ganz nah am Spitzensport auch der Österreicher Felix Baumgartner mit seinem Weltrekord-Fallschirmsprung mit Überschallgeschwindigkeit aus 39 Kilometern Höhe.

Stimmen, die für immer verstummt sind

Der erste Mann am Mond Neil Armstrong, Star-Bariton Dietrich Fischer-Dieskau, Kammersänger Heinz Holecek, Chanteuse Cissy Kraner, Pop-Königin Whitney Houston, Ex-Bee Gee Robin Gibb, Disco-Lady Donna Summer, Jazz-Legende Dave Brubeck, Autor Ernst Hinterberger, Ö3-Urgestein Dieter Dorner, Radio-Vorturnerin Ilse Buck, Ex-ORF-Intendant Ernst-Wolfram Marboe und Radio-Nachrichtensprecherlegende Josef-Wenzel Hnatek.