Höchstrichter: Umstrittene Nebenbeschäftigungen

Im Sinne der Transparenz haben die Verfassungsrichter beschlossen, ihre beruflichen Tätigkeiten, die ihnen per Gesetz uneingeschränkt erlaubt sind, von sich aus offenzulegen. Den Grünen geht das nicht weit genug: Sie wollen eine gesetzliche Offenlegungspflicht. Und Experten rufen gleich nach einem Verbot von Nebentätigkeiten für Verfassungsrichter.

Morgenjournal, 28.1.2013

"Im Sinne der Transparenz"

Noch im ersten Quartal, also bis Ende März, werden die vierzehn Verfassungsrichter auf der Homepage des Höchstgerichts offenlegen, womit sie sonst noch ihr Geld verdienen. Denn den Verfassungsrichtern ist es vom Gesetz erlaubt, weiter als Rechtsanwalt, Universitätsprofessor oder Notar zu arbeiten und auch Aufsichtsrats-Mandate etwa in öffentlichen Unternehmungen zu übernehmen. Bisher ist nicht einmal im Detail bekannt, was die Verfassungsrichter alles tun. Auf Initiative von Präsident Gerhart Holzinger sollen die Tätigkeiten jetzt gesammelt offengelegt werden, im Sinne der Transparenz, wie es im Höchstgericht heißt.

Guter Wille reicht nicht

Die Grünen begrüßen das zwar, plädieren aber für ein Gesetz und bringen diese Woche auch einen Entschließungsantrag im Nationalrat dazu ein. Denn Transparenz dürfe nicht dem guten Willen ausgeliefert sein, sagt die grüne Verfassungssprecherin Daniela Musiol: "Das ist in Zeiten, in denen Kontrolle und Transparenz ein wichtiger Bestandteil von Demokratie sind, sicher nicht mehr zeitgemäß."

Musiol verweist auf Beispiele wie den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg: Dort sei eine österreichische Anwältin Richterin geworden und habe ihre Kanzlei nicht aufgeben, sondern nur ruhend stellen wollen. Das habe dem Präsidenten des Gerichtshofes aber nicht gereicht, um den Anschein der Befangenheit ausschließen zu können.

"Unweigerlich Interessenskonflikte"

Eine Anwaltskanzlei, an der ein Verfassungsrichter beteiligt ist, oder auch Funktionen in Aufsichtsräten können mit Fällen zu tun haben, die der Verfassungsgerichtshof prüft. Allein die Möglichkeit dieser Vermengung hält der Verfassungsrechtler Heinz Mayer für höchst bedenklich: "Ein Verfassungsrichter, der in Aufsichtsräten sitzt, kommt unweigerlich in Interessenkonflikte. Das ist keine Frage." Und deshalb plädiert Mayer für ein Verbot von Nebentätigkeiten auch für Verfassungsrichter. Deren Argument, dass mit der Berufsausübung auch wichtige Erfahrung und Knowhow in das Höchstgericht einfließen, wischt Mayer vom Tisch: "Die Erfahrung in Wirtschaftsangelegenheiten mögen die Verfassungsrichter bitte vor ihrer Bestellung erwerben." Das sei auch in der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht möglich. Ein Handelsrichter könne auch nicht nebenbei Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer sein oder in einem Aufsichtsrat sitzen. "Das ist aus gutem Grund ausgeschlossen und das sollte auch für Verfassungsrichter gelten", so Mayer.

Wechselnde Interessen der Parteien

Diese Position hat auch die ÖVP schon einmal vertreten - als Verfassungsrichterin Claudia Kahr 2010 von SPÖ-Ministerin Doris Bures an die Spitze des ASFINAG-Aufsichtsrats gehievt worden ist. 2011 ist dann der ÖVP-nahe Christoph Herbst Verfassungsrichter geworden, der früher Flughafen-Wien-Chef war und bis heute in Aufsichtsräten sitzt. Um die ÖVP-Forderung nach Unvereinbarkeitsregeln ist es still geworden.