Romantische Bilder
Die Lieblingsthemen der romantischen Malerei - von Francesco Hayez, Caspar David Friedrich, Francisco de Goya, Eugène Delacroix und Johann Heinrich Füssli.
8. April 2017, 21:58
"Die Flucht der Bianca Capello aus Venedig", Francesco Hayez, 1853
Es ist frühmorgens auf diesem Bild. Die Sonne macht sich als hellgelbe Fläche am Horizont hinter italienischen Bürgerhäusern bemerkbar. Ein Paar in Bewegung steht im Bildmittelpunkt. Sie: jung im pastellig bronzefarbenen, schillernden Kleid mit langen blauen, gepufften Ärmeln, dreht sich wie zögernd ein wenig nach links hinten - ihr Begleiter in bordeauxroten anliegenden Hosen und einem Oberhemd, das um die Hüften von einem Gürtel zusammengehalten wird, in dem ein Dolch steckt, hält ihre Hände umfangen und will sie wegführen. Entführung? Raub?
Nein, Bianca Capello geht freiwillig auf diesem Gemälde des Venezianers Francesco Hayez. Farbgebung, Dramatik und Inhalt könnten romantischer kaum sein: Bianca Capello flieht mit ihrem Geliebten aus Venedig nach Florenz, lernt dort Francesco I. aus dem Haus der Medici kennen und lieben, der ihren früheren Liebhaber gleich einmal aus dem Weg schaffen lässt.
Nach dem Tod seiner Habsburger Ehefrau heiratet Francesco die - laut Überlieferung natürlich bildhübsche - Venezianerin und macht sie so zur Großherzogin der Toskana. Nur: die Toskaner und vor allem Francescos Bruder sind darüber wenig erfreut und so begab es sich, dass das Ehepaar eines schönen Tages ganz plötzlich gemeinsam verstarb. Liebe bis in den Tod und ein Schelm, wer dabei an einen Giftanschlag denkt!
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"Kreidefelsen auf Rügen", Caspar David Friedrich, 1818
Schroffe Kreidefelsen und von oben auf die Bildmitte zuwachsende Bäume geben einen herzförmigen Ausblick auf das Meer frei. Das Wasser blau-rosa wird zum Horizont hin heller. Die Größe der zwei Segelboote zeigen an: sie sind ganz weit weg. Diesen Ausblick vor Augen, haben drei städtisch gekleidete Figuren: in Rot die Dame links, in Blau der eine Herr in der Mitte am Boden kniend, und Grün der Herr am rechten Bildrand. Liebe, Glaube, Hoffnung.
Man sieht alle drei - wie es Caspar David Friedrich gerne eingerichtet hat - von hinten. Ein Hochzeitsbild, gewidmet seiner um fast zwanzig Jahre jüngeren Frau - der Dame in Rot. Die mittlere hagere Figur in Blau wird als Selbstporträt gedeutet. Den Zylinder als Zeichen der Demut neben sich liegend, sucht er Halt im Gras als Symbol für die Vergänglichkeit des Lebens und richtet den Blick auf den sich vor ihm öffnenden Abgrund - den Abgrund des Todes. Die beiden Segelboote auf dem Meer stehen als Symbol für die Seele, die zu ewigem Leben aufbricht. Die drei Gestalten wirken klein und unbedeutend vor dem imposanten Landschafts-Theater.
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Wikipedia - Kreidefelsen auf Rügen
"Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer", Francisco de Goya, 1799
Ein Mann in Kniehosen und knielangem Mantel sitzt auf einem Hocker und hat seinen Kopf vornübergebeugt auf einen Schreibtisch gelegt, die Stirn auf die übereinandergelegten Unterarme gebettet, das Gesicht versteckt. Ihn bedrohen seltsame Gestalten, alptraumhafte Mischwesen zwischen Eule und Fledermaus, in Schwärmen. Rechts hinten liegt eine Art Luchs am Boden, seinen starren Blick auf den schlafenden Mann gerichtet, abstehende Schnurrbarthaare.
Den Schreibtisch ziert eine Inschrift: El sueno de la razón produce monstruos - Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer. Auch "Der Traum der Vernunft gebiert Ungeheuer" wäre eine legitime Übersetzung. Der Spanier Francisco de Goya lässt die Bedeutung dieses Satzes - gleichzeitig der Titel des Bildes - offen.
Es wurde Nacht in der Kunst der Romantik und sie gibt die Bühne frei für Erschreckendes, Groteskes, schauderlich Bedrohliches aller Art - wer sich die Angst davor durch die Kunst vom Leib zittert, ist befreit.
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Wikipedia - Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer
"Die Freiheit führt das Volk", Eugène Delacroix, 1830
Der Himmel ist fast weg. Wolkenfetzen - oder ist es Pulverdampf? - haben ihn ersetzt. Die Autoritäten, die da oben: Gott und Kirche und Monarch, haben ihren selbstverständlichen Herrschaftsanspruch eingebüßt. Das Bild dominiert eine barbusige Frauenfigur, in der rechten Hand, in die Höhe gestreckt, die blau-weiß-rote Tricolore. Knallig, explosiv, leuchtend.
"Die Freiheit führt das Volk" hat Eugène Delacroix dieses Bild genannt. Es beschreibt den Juliaufstand 1830, bei dem die Bürger von Paris wieder einmal gegen die Obrigkeit auf die Barrikaden gingen. Innerhalb von drei Tagen waren die herrschenden Bourbonen bezwungen und vertrieben. Das Volk hatte keinen Anführer im eigentlichen Sinn, sein Aufstand kam spontan und aus der Masse heraus. Delacroix gab ihm eine Anführerin, die unter dem Namen "Marianne" die Nationalfigur der Französischen Republik werden soll.
Marianne oder die Freiheit sind nicht gleichzusetzen mit Frieden - das zeigt dieses Bild auch. Hinter der überhöhten Frauenfigur hält ein junger Bursche in jeder Hand einen Revolver, zu ihren Füßen liegen die Leichen, eine Frau mit blauem Hemd und braunem Kopftuch liegt vor der göttinnengleichen Marianne auf dem Bauch und schaut sie erwartungsvoll an. Im Hintergrund ein Meer von erhobenen Schwertern. Der Weg zu Freiheit und Frieden ist noch lang.
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Wikipedia - Die Freiheit führt das Volk
"Der Nachtmahr", Johann Heinrich Füssli, 1790
Im duftigen weißen Kleid liegt die blasse Blondine Arme über dem Kopf, Busen in die Höh' auf ihrer Bettstatt. Auf ihren Bauch gekauert, sitzt ein Wesen mit höhnischem Grinsen und Batman-Ohren, dunkelgrau, runder Rücken, verschlagen. Dahinter lugt zwischen den zwei Teilen eines luftig angedeuteten Vorhangs der Kopf eines stolzen Rosses hervor, aber mit gelben kreisrunden Feuerbällen als Augen. Unheimlich und gleichzeitig überirdisch schön.
Der Schweizer Johann Heinrich Füssli, später in seiner neuen englischen Heimat Fuseli genannt, schreckt sich nicht vor der Welt der Träume und Visionen, des Grauens, und er wird dabei von englischen Gespenstergeschichten inspiriert. In seinen Bildern verliert die konkrete Welt des Äußeren an Faszination gegenüber der Welt des Subjekts. Der Romantik galt das Unerklärliche und Geheimnisvolle eben nicht als Problem. Es war reizvoll, das fantastische Reich hinter der sicht- und messbaren Realität zu entdecken, in die Abgründe der Seele zu schauen, vor allem wenn das dazugehörige Antlitz so... bleich und verführerisch ausschaut.
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Wikipedia - Der Nachtmahr