Schlöndorffs "Diplomatie"

Vor siebzig Jahren, am 25. August 1944, haben die Alliierten Paris aus der Nazi-Herrschaft und der Besetzung durch die Wehrmacht befreit. Mit dieser Eroberung von Paris konnte die Durchführung des Befehls von Adolf Hitler zur Zerstörung der französischen Hauptstadt gerade noch verhindert werden. Der deutsche Regisseur Volker Schlöndorff komprimiert in seinem neuen Film "Diplomatie" die Entscheidung über Paris in einer einzigen Nacht und im Schlagabtausch zwischen zwei Männern.

Morgenjournal, 25.8.2014

Dietrich von Choltitz ist der Wehrmachtbefehlshaber von Groß-Paris. Als die Nazis die Stadt nicht mehr halten können, befiehlt Hitler deren völlige Zerstörung. Vor allem die Wahrzeichen der Stadt wie Eiffelturm, Notre Dame, Louvre und Oper sollen in Schutt und Asche gelegt werden.

Hochrangige Nazis wurden im Kino schon auf die unterschiedlichste Weise dargestellt, man denke nur an Christoph Waltz und seine Verkörperung eines SS-Mannes als sadistischen Schöngeist im Tarantino-Film "Inglourious Basterds". Das Drehbuch zu "Diplomatie" basiert auf dem gleichnamigen Bühnenstück des Franzosen Cyril Gély. Regisseur Volker Schlöndorff hatte aber seine Einwände gegen die französische Version eines Nazi-Generals:

"Der Autor Cyril Gély hat – wie die meisten Franzone - eine etwas romantische Vorstellung von einem deutschen Offizier. Auf der einen Seite sind das die "boche" und die Feinde und die ganz schrecklichen und dann gibt es, eben durch Ernst Jünger verkörpert, die Vorstellung des noblen deutschen Offiziers, der kunstbeflissen ist. Diese romantische Ansicht hat mir schon immer zutiefst missfallen."

Neben Dietrich von Choltitz ist der schwedische Generalkonsul Raoul Nordling die zweite historisch verbürgte Figur im Film. Belegt ist, dass Nordling als Vertreter des neutralen Schweden einen Gefangenenaustausch mit den Nazis verhandelt hat. In "Diplomatie" schleicht er sich nachts ins Nazi-Hauptquartier und versucht den deutschen General davon abzuhalten, Paris dem Erdboden gleich zu machen.

Der Film basiert nicht nur auf einem Bühnenstück, Regisseur Volker Schlöndorff greift mit den beiden Franzosen Niels Arestrup und André Dussollier auch auf die beiden Schauspieler zurück, die von Choltitz und Nordling schon im Theater gespielt haben. Für die Inszenierung bedeutete das eine eigene Herausforderung: "Auch wenn etwas 300 Mal gespielt worden ist, muss man für den Film nicht nur einen anderen Ton finden, sondern man muss auch wieder proben, um als Regisseur eine Verunsicherung herzustellen. Die Schauspieler dürfen nicht genau wissen, was sie da spielen", so Schlöndorff.

Das Kino hat dem Theater voraus, dass es in schwelgerischen Bildern Paris zeigen kann, und das nutzt Volker Schlöndorff auch weidlich aus. Nach knapp neunzig hochspannenden Filmminuten, in denen das Schicksal von Paris in einem psychologischen Schlagabtausch entschieden wird, taucht man auch gerne ein in die Hochglanzpanoramen der gerade noch geretteten französischen Metropole.