Gespräch mit Sigrid Löffler

Steffen Kopetzkys "Risiko"

Auf den ersten Blick liest sich Steffen Kopetzkys Mammutroman "Risiko" wie ein verspätetes Karl-May-Abenteuer - bis man feststellt, dass der Autor seiner Roman-Fiktion eine genau recherchierte, weitgehend vergessene historische Episode aus dem Ersten Weltkrieg zugrunde gelegt hat.

Sigrid Löffler

Die Hauptfigur ist der (erfundene, aber an die historische Gestalt des Diplomaten Werner Otto von Hentig angelehnte) bayrische Marinefunker Sebastian Stichnote. Er verliebt sich in ein albanisches Mädchen, gerät in lebensgefährliche Hafenhändel, schließt sich Niedermayers Expeditions-Korps als Funker an und erlebt diesen Reise-Weg, der ihm das Äußerste abverlangt, als Erfahrungsweg ins eigene Ich.

Kopetzky organisiert seinen gewaltigen Erzählstoff im Karawanen-Rhythmus. Der Leser wird in den Sattel gesetzt und zottelt mit im gleichmäßig schaukelnden Passgang der Kamele über hunderte Seiten und zahllose Gebirgspässe, Oasen, Wasserlöcher und Karawansereien hinweg. Erst im sechsten und letzten Abschnitt, nach der Ankunft im Reich des Emirs von Afghanistan, nimmt der Roman Fahrt auf und die vielen umständlich geknüpften Erzählknoten werden dramatisch und durchaus blutig und gewaltsam gelöst.

Man könnte sich diesen großartigen Stoff auch ganz anders erzählt vorstellen: ironisch, postmodern verspiegelt, durch den distanzierenden Gegenwartsblick gebrochen. Kopetzky hat sich letztlich doch für einen verspäteten Karl-May-Gestus entschieden. Und das gibt seinem Roman einen beträchtlichen, wenngleich altmodischen Reiz.

Service

Steffen Kopetzky, "Risiko", Roman, Klett Cotta Verlag