Roman von Alina Bronsky

Baba Dunjas letzte Liebe

Im neuen Werk der deutschen Autorin Alina Bronsky geht es um nichts weniger als wahre Selbstbestimmung und die steht und fällt mit der Rückkehr in die alte Heimat. Was einfach klingt, wird allerdings wirklich schwer, wenn die Heimatadresse Ukraine Prybjat, rund um das Kernkraftwerk Tschernobyl, lautet.

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Alina Bronsky, "Baba Dunjas letzte Liebe", Roman, Kiepenheuer & Witsch Verlag

Es ist nun sieben Jahre her, dass Alina Bronsky über Nacht mit ihrem Roman "Scherbenpark " berühmt wurde. Unaufgefordert hatte sie damals ihr Manuskript an einen Verlag gesandt und als ob sie ihren Ruhm geahnt hätte, entschied sie sich gleich bei der Veröffentlichung ihres ersten Buches für ein Pseudonym, um ihr Privatleben zu schützen. Nach weiteren Jugendbüchern und Romanen, legt die Autorin, die mit 13 Jahren mit ihrer Familie von Russland nach Deutschland zog, nun "Baba Dunjas letzte Liebe" vor.

Als Tochter eines Kernphysikers scheint es gar nicht so unwahrscheinlich, dass sie sich darin ausgerechnet mit dem Reaktorunglück in Tschernobyl auseinandersetzt: Ihr Roman beruht auf Tatsachen und wurde von der Geschichte von etwa 250 betagten Frauen inspiriert, die nach der Nuklearkatastrophe nicht mehr in Flüchtlingshäusern leben wollten und in ihre verstrahlten Dörfer heimkehrten, um dort noch mal ganz neu anzufangen.

Skurrile Charaktere wohnen im kleinen Dorf Tschernowo: Baba Dunjas Nachbarin Marja ist trotz ihres Alters stets zum Flirten aufgelegt, der schwer krebskranke Petrow ist aus dem Krankenhaus geflohen und überlebt seither zum allgemeinen Erstaunen Tag um Tag, der hundertjährige Sidorow sucht eifrig eine Ehefrau. Manchmal erhält Baba Dunja Pakete von ihrer Tochter Irina aus Deutschland, oder auch einen Brief von ihrer Enkelin Laura, den sie nicht lesen kann. Im Dorf ist Baba Dunja so etwas wie die Bürgermeisterin, man kommt mit allen Problemen und Sorgen zu ihr. Es ist ein Mikrokosmos, in dem Alina Bronsky gesellschaftliche Strukturen beobachtet.

Es ist ein sanfter, kleiner Roman, durchzogen von einer eigenwilligen Atmosphäre, gleichzeitig lebensfroh und melancholisch. Mit großem Einfühlungsvermögen versetzt sich Alina Bronsky in ihre Heldin, die in Tschernowo ihr kleines Paradies gefunden hat.