Concentus Musicus vor ungewisser Zukunft

Eigentlich lud der Wiener Musikverein heute zu einem Pressegespräch über seine Festwochenkonzerte (8. Mai bis 16. Juni). Im Zentrum des Interesses von Medien und Musikern stand aber die Zukunft des Concentus Musicus, der nach dem Rücktritt von Nikolaus Harnoncourt führungslos dasteht.

Concentus Musicus Wien und Nikolaus Harnoncourt bei den Proben

Concentus Musicus Wien und Nikolaus Harnoncourt bei den Proben

WERNER KMETITSCH

Kulturjournal, 9.12.2015

Mit dem Rückzug von Nikolaus Harnoncourt von dem auch die Musiker des Concentus Musicus erst vergangenen Samstag erfahren haben, steht das Originalklangensemble wenn auch nicht ganz unerwartet, aber doch plötzlich ohne seine Gallionsfigur da. "Eine ganz schwere Zäsur", so Thomas Angyan, Generalsekretär der Gesellschaft der Musikfreunde, denn einen Nachfolger wollte Harnoncourt nie aufbauen. Und so sieht sich der Concentus nun vor einem existenziellen Problem, denn Harnoncourt und die Musiker waren so eine gewachsene Einheit, dass man jetzt nicht irgendeinen anderen Dirigenten ans Pult stellen kann - sei er noch so berühmt oder Originalklangerfahren.

Das stellt auch die Veranstalter wie den Wiener Musikverein vor gröbere Probleme: Die für 27. und 28. Februar angesetzten Konzerte mit Mozart-Programm werden gespielt, eventuell ohne Dirigent oder - wie beim Beethoven-Festkonzert am 17. Jänner im Theater an der Wien - unter der Leitung von Harnoncourts Meisterschüler Stefan Gottfried.

Bei den beiden im April angesetzten Konzerten werden entgegen der Ursprungsplanung keine Beethoven-Symphonien gespielt, sondern ein Barock-Programm ebenfalls mit Stefan Gottfried. Und für den dritten Termin, Beethovens 9. Symphonie Ende Mai ist noch keine Lösung gefunden. Die Suche sei nicht leicht, betont Angyan: "Selbst wenn man einen großen Namen findet, so ist es noch immer nicht gesagt, dass ein großer Name mit dem Concentus Musicus eine 9. Beethoven so macht, dass das auch ein Erfolg wird."

Ensemble muss sich neu erfinden

Da das auch für den Rest der Barockliteratur gilt, müsse sich das Ensemble nun neu erfinden, wobei ihm der Musikverein helfen werde, denn nach so vielen Jahren lasse man ein verdientes Ensemble nicht fallen, so Angyan. Bis zum Ende dieser Saison wird der Concentus Musicus immerhin 250 Konzerte im Wiener Musikverein gespielt haben.

Das wird sich in der nächsten Saison herausstellen, denn die wird mit dem Ensemble - wenn auch modifiziert - durchgeführt. Der Concentus kehrt quasi zu seinen Anfängen zurück. Es wird einen Zyklus von vier Barockprogrammen Sonntagvormittag im Brahmsaal geben, wo die Musiker in Kammermusik und Ensembleformation spielen werden. Im großen Saal wird stattdessen ein Zyklus aus Klassik und Barock mit vier Konzerten und verschiedenen Ensembles aus der Originalklangszene angesetzt. Wobei die Concentus-Abonnenten eine Vorbuchungsmöglichkeit haben.