Der Gott hinter dem Fenster

8. April 2017, 21:58

Die namenlos bleibenden Ich-Erzähler - es sind fast immer ältere, alleinstehende Männer, Grübler, Müßiggänger und sympathische Modernitätsverweigerer, die nichts mehr tun wollen, nur noch lesen, Musik hören, den Garten bestellen.

Krüger schreibt leise, lapidar, ohne auf eine Pointe zuzusteuern, immer steckt in diesen Geschichten etwas Rätselhaftes, Unerklärliches oder nicht Erklärtes. In "Post", einem ganz kurzen Text, erhält der Ich-Erzähler Briefe, die an ihn adressiert, aber nicht an ihn gerichtet sind, die aber doch so viel und so genaues über seine Person verraten, dass er zu dem Schluss kommen muss, "dass nur ich der Briefschreiber sein kann".

Der Schriftsteller, Ex-Verleger und leidenschaftliche Büchermensch Krüger stellt immer wieder Menschen in den Mittelpunkt, die mit Schreiben oder Geschriebenem zu tun haben: den Geschäftsführer eines Zeitschriftenvertriebs, der Pascal liest; einen Autor von Katalogtexten, der nicht mehr gebraucht wird, und in die Berge entflieht; einen Übersetzer, einen Korrektor, einen Schriftsteller, der nichts veröffentlicht; und einen einst erfolgreichen Autor, der noch einmal den Roman seiner Epoche schreiben soll, aber nicht will, und sich mit der Anwesenheit seiner Lektorin arrangieren muss. Krügers Geschichten sind nicht zuletzt eine Hommage an die Literatur, die hier als Profession älterer Männer erscheint.

Dem Autor gelingen schöne, unaufdringliche, bewundernswert souverän in Stil und Tonfall erzählte und bei aller melancholischen Grundierung durchaus vergnüglich zu lesende Geschichten, die Elegie mit Komik paaren - Geschichten über sympathisch anachronistisch wirkende Figuren, Thomas-Bernhard'sche Sturköpfe und Untergeher, die sich der stillen Menschen- und Naturbeobachtung hingeben.