Fall Lohfink: Gesetzeslage in Österreich
In Deutschland sorgt der Fall Gina Lisa Lohfink für Aufregung. Die Reality-TV-Darstellerin hat vor vier Jahren eine Vergewaltigungs-Anzeige gegen zwei Männer erstattet. Die hatten ein Video ins Internet gestellt und es sogar als Vergewaltigung betitelt. Vor Gericht wurden die Männer allerdings freigesprochen und die Schauspielerin erhielt einen Strafbefehl in Höhe von 24.000 Euro. In Deutschland wird über eine Gesetzesänderung diskutiert. Die Gesetzeslage in Österreich ist anders.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 16.6.2016
Lohfink auf Video: "Hör auf"
Auf dem Video, das die Männer ins Internet gestellt hatten, soll das Model Gina Lisa Lohfink stark benommen wirken, reglos daliegen und mehrfach "hör auf" sagen, berichten Deutsche Medien. Für das Gericht reichte das als Beweis für eine Vergewaltigung nicht aus. Die Männer wurden freigesprochen. Lohfink erhielt einen Strafbefehl in Höhe von 24.000 Euro - wegen angeblich falscher Vorwürfe gegen die Männer.
Frauenrechtlerinnen: "Nein heißt Nein"
Das lässt in Deutschland die Wogen hochgehen. "Nein heißt Nein", sagen empörte Feministinnen und fordern, dass endlich eine Gesetzesänderung beschlossen wird.
Österreich: Wille des Opfers maßgeblich
In Österreich gilt seit Anfang des Jahres ein entsprechendes Gesetz, sagt der Strafrechtsexperte Alois Birklbauer:
„Wo sich Österreich und Deutschland jedenfalls unterscheiden ist, dass in Österreich schon die neue Rechtslage gilt, dass „ein Nein ein Nein bleiben muss“. Dass es also nicht nur auf Gewaltanwendung ankommt sondern dass einfach der Wille des Opfers das Entscheidende ist.“
Aber im Zweifel für Angeklagten
Allerdings: Auch hier müssen Beweise für eine Vergewaltigung vorliegen, sagt Birklbauer.
„An der Beweislage ändert sich insofern wenig, als natürlich dieses Nein für den Täter als ernst gemeintes Nein wahrnehmbar sein muss. Und wenn er das nicht erkennt, ist man im Zweifelsfall wieder beim Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ und bei der Straffreiheit.“
In der Praxis sind Vergewaltigungen oft schwer nachweisbar, sagt die Opferanwältin Barbara Steiner: „weil im Normalfall bei einer Vergewaltigung keine körperlichen Verletzungen vorliegen, was den Beweis einer Vergewaltigung schwer macht.“
Wie sich die neue Rechtslage letztlich auf die Verfahren auswirkt, kann man derzeit noch nicht abschätzen, so Steiner:
„Der neue eigene Tatbestand „Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung“ ist noch nicht lange in Kraft und es gibt nur einzelne Anzeigen in Österreich und wenige Erfahrungen.“
"Opfer unter Schock nicht geschützt"
Für die Strafrechtsexpertin Katharina Beclin ist das neue Gesetz aber noch nicht weitreichend genug,
„weil der Gesetzgeber verlangt, dass ein entgegenstehender Wille geäußert wird dafür, dass es zu einer Strafbarkeit kommt. Dann sind Personen, die vor Schock nicht reagieren können, nicht geschützt durch diesen Straftatbestand.“
Österreich: Fall Lohfink nicht möglich?
Auch in Österreich können Frauen, die Vergewaltigungen anzeigen, Verfahren wegen Verleumdung drohen, sagt Beclin aber
„In Österreich ist eine falsche Verdächtigung nur strafbar, wenn die Person weiß, dass sie damit jemanden falsch verdächtigt.“
Dass jemand der wie die Deutsche Lohfink in ihrer Anzeige ein Video einbringt und nur sagt, sie könne sich nicht mehr erinnern, wäre aus Sicht von Beclin kein Verleumdungs-Tatbestand in Österreich.