Ausstellung zur Geschichte des Kinos

Mit dem "Archiv der Schaulust" präsentiert das Filmarchiv Austria erstmals seine über Jahrzehnte zusammengestellte Sammlung zur Geschichte des Kinos in der Donaumonarchie: Die multimedial aufbereitete "Geschichte des frühen Kinos 1896-1918" ist im Metro KinoKulturhaus zu sehen.

Das Glück der schönen Creszenz (A 1917)

Das Glück der schönen Creszenz (A 1917)

Filmarchiv Austria

Der Porsche unter den Projektoren

Als eine der Hauptattraktionen ist ein historischer Kinoprojektor zu sehen, der Porsche unter den Projektoren, wie ihn Nikolaus Wostry, Geschäftsführer des Filmarchiv Austria, nennt. Gemeinsam mit Martina Zerovnik hat er die multimediale Ausstellung kuratiert. Um den Stahl-Projektor zum Laufen zu bringen, muss ein Bogenlicht gezündet werden, indem zwei Kohlestäbe kurz geschlossen werden. Wenn sich der helle Lichtbogen beruhigt hat, beginnt Nikolaus Wostry an der Kurbel zu drehen und Bilder auf der Leinwand bewegen sich.

Pioniere in Wien

Diese Projektion der alten Schule ist in der Ausstellung im Metro KinoKulturhaus jedoch eine Ausnahme. Restauriert und Digitalisiert wird das Kino der Attraktionen auf riesigen Leinwänden im Obergeschoss des Hauses in einer 4k-Auflösung, also mit 4.000 Bildpunkten in der Horizontalen, gezeigt. Gezeigt wird der früheste österreichische Amateurfilm, französische Produktionen aus den Pionierjahren des bewegten Bildes und der früheste in Österreich gedrehte Film, eine Wien-Aufnahme der Pioniere und Fotoindustriellen Lumière.

Der Kaiser auf der Leinwand

Das damalige Kino sei ein sehr ungezügeltes Kino gewesen, erzählt der Filmarchiv-Leiter Ernst Kieninger. Es richtete sich nicht an ein gebildetes Publikum, sondern an die breite Masse. "Es ist ein sehr turbulentes Kino: Eine Tragödie entfaltet sich in drei Minuten; ein erotischer Herrenabend-Film ist wesentlich witziger als in den nachfolgenden Jahrzehnten." Dennoch würden hier zwei große Bewegungen aufeinander treffen und sich kreuzen, so Kieninger: Auf der einen Seite eine wilde anarchische antibürgerliche Bewegung, auf der anderen die späten Jahre der Donaumonarchie. Denn bald wurde auch das Kaiserhaus aufmerksam auf das neue Medium.

Filmdokumente von Kaiser Franz Joseph zeigen den Monarchen auf Hochzeiten, Geburtstage, und bei Enthüllung von Denkmälern. Der Kaiser war meist auf zeremoniellen Bildern aus der Ferne zu sehen. Erzherzog Karl war hingegen wesentlich filmaffiner, ging leidenschaftlich gern ins Kino und erlaubte der Kamera näher zu rücken.

Kaiser Karl in Bozen

Kaiser Karl in Bozen

Filmarchiv Austria

Zeugnisse des frühen Kinos

Wer sich sämtliche Juwelen der französischen und österreichischen Filmproduktion im obersten Stock des Metro Kino angesehen hat, hat eine Etage tiefer die Möglichkeit alte Filmdosen, Plakate, historische Quellen, Artefakte und Unikate zu betrachten. Es wird erzählt, wie der Film institutionalisiert wurde, wie er sich aus dem Schausteller-Milieu weiterentwickelte und so immer mehr zu gesellschaftliche Anerkennung kam.

Man sieht auf Fotografien, wie die Wanderkinozeit aussah und wie der Transport ablief. Besonders interessant sind jene Dokumente, die die damalige Kino-Debatte widerspiegeln. Dabei ging es um die Frage, was Film überhaupt ist - Kunst oder Unterhaltung? - und welche gesellschaftliche Aufgabe er erfüllen sollte. Für den Kurator Nikolaus Wostry überschritt das Kino hier, also 1910, eine Grenze. Es wollte von der Öffentlichkeit ernst genommen werden und habe auf der Suche nach Dignität und durch eine strengere Zensur, seine Ursprünglichkeit verloren.

Service

Filmarchiv - Archiv der Schaulust
1. Oktober 2016 bis 31. Juli 2017