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Der Sommer 1967 – Autocamp Porec

Unterwegs mit einem blauen VW Käfer mit dem Kennzeichen W 419.140: Zwei Erwachsene, drei Kinder, ein schwarzer Spitz, der Dachträger vollgepackt mit Zelten, Luftmatratzen und Reisetaschen, der enge Kofferraum gefüllt mit Spirituskocher, Campinggeschirr und dem unverzichtbaren Kelomat-Druckkochtopf – so reiste die Familie Burkert anno 1967, im von der UNO ausgerufenen "Jahr des internationalen Fremdenverkehrs", wie schon in den Sommern davor, ins damalige Jugoslawien. Das Ziel: das istrianische Autocamp Poreč, südlich der gleichnamigen Stadt.

Zeltplatz mit Kindern und einem VW Käfer

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Zeltplatz mit Kindern und einem VW Käfer

Ich war viereinhalb Jahre alt, meine Schwester Gudrun neun, und Dagmar, die älteste von uns dreien, war ein 15-jähriger Teenager.

Die ersten Eindrücke vom damals kleinen und überschaubaren Zeltplatz: der Duft von Pinien, das Zischen der Zikaden, die rote, steinige Erde, in der sich die ohnehin schon verbogenen Heringe beim Einschlagen noch mehr krümmten und wieder geradegeklopft werden mussten. Überall stachelige Nadeln, die wir sammelten, damit sie unter den Zelten die Härte des Bodens dämpften. Im Pinienwald vereinzelte braune Holzbaracken mit Toiletten und Duschen (Gudrun erinnert sich an weiß gestrichene Baracken). Am Meer führte eine Promenade gepflastert mit weißen Steinen zur Stadt. Vorher passierte man einen winzigen Hafen mit Kiosk, in dem wir Wassereis kaufen durften. Am Horizont die Landzunge von Poreč mit den großen Handels-Palazzi – vermutlich noch von den Venezianern erbaut – und dem frei stehenden spitzen Turm der Euphrasius-Basilika aus dem 6. Jahrhundert. Sie wurde übrigens 1997 von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.

Menschen in der Altstadt von Porec

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Menschen in der Altstadt von Porec

Dorthin spazierte man manchmal abends, besuchte selten eines der Fischlokale, denn meistens wurde auf dem Campingplatz mit einfachsten Mitteln dennoch Köstliches gekocht; öfter wurde in den Cafés eingekehrt, in welchen es herrlich nach dem türkischen Kaffee roch, den albanische Einwanderer mitgebracht hatten. Die engen Gassen – die Bodenplatten glänzten wie polierter Marmor –, die Steinfassaden und die zu Hotels umfunktionierten Palazzi haben sich bis heute kaum verändert. Der Putz wurde wohl aufgefrischt. Am Kai liegen – wie damals – Ausflugsschiffe neben Fischerbooten, die Jachten allerdings sind protziger geworden, und auf der anderen Seite der Halbinsel wird alljährlich ein riesiges Terrain zu einer Beach-Volleyball-Arena umgewandelt.

Vor Kurzem, im Juli, machte ich mich gemeinsam mit meiner Schwester Gudrun, ausgerüstet mit einer Schachtel voll mit alten Dias, auf eine Reise zum "verlorenen Paradies Kindheit". Das war ein heiteres, aber auch wehmütiges Unterfangen. Stets waren Begriffe wie "Vergänglichkeit" im Reisegepäck, und eine gewisse Angst vor den Neuerungen und Veränderungen. Aber auch schöne Begegnungen mit Menschen waren möglich, die vor 50 Jahren auch jung waren und gewisse Erinnerungen mit uns teilten: mit der Lehrerin Nada, der Restaurantbesitzerin und Maklerin Patricia, mit dem Tourismusfachmann Darko und mit dem in Zagreb geborenen Lebenskünstler Julius.

Ursula Burkert und ihre Schwester am Strand von Porec heute

Ursula Burkert und ihre Schwester am Strand von Porec heute

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Den kleinen Campingplatz von damals haben meine Schwester und ich nicht mehr wiedergefunden. Er wurde Anfang der 1970er Jahre im Zuge eines Städtebauplans weiter nach Süden, auf die Halbinsel Zelena Laguna, verlegt. Der kleine Pinienwald mit den laut zischenden Zikaden ist heute ein öffentlicher Park, eine gut gewartete Erholungszone für alle. Aus dem Kiosk wurde ein nettes Restaurant mit Aussicht auf Poreč, und das Meer am Kiesstrand zwischen den zerklüfteten Felsnasen ist noch immer so türkisblau wie vor 50 Jahren.

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