Zeitungsbeilagen

ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Zeitungen

Das Geschäft mit den Beilagen

Reisen, Essen, Uhren, Autos - Beilagen in Tageszeitungen sind beliebt, weil sie zusätzliches Werbegeld bringen. In manchen Verlagen gelten sie gar als "Cashcow".

Beinahe jede Tageszeitung gibt mittlerweile Beilagen heraus. Die Einnahmen aus Anzeigen in Beilagen sind beträchtlich, genaue Zahlen will man aber beispielsweise beim "Kurier" nicht nennen. Das Geschäft sei für die Verleger wichtiger denn je, soviel sagt der Anzeigenleiter des "Kurier", Stefan Lechner. Immerhin werden im Hauptblatt weniger Kleinanzeigen verkauft, außerdem ist das Anzeigengeschäft im Internet ebenfalls ein hartes Pflaster geworden.

Ein Sechstel vom Werbekuchen

Der Kurier ist, was Beilagen betrifft, weit vorne. Klaus Fessel von Focus Marketing Research hat die Vergleichszahlen: "Die Tageszeitungen mit dem höchsten Werbeanteil von Supplements kommen aus dem Hause der Mediaprint – "Kronen Zeitung" und "Kurier" – gefolgt von "Standard" und "Presse", weiß der Werbebeobachter. Insgesamt sind 16 Prozent der Werbeeinnahmen in Printmedien auf Inserate zurückzuführen, die in Beilagen erschienen sind.

Zeitungsbeilagen

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Beilagen locken neue Kunden

Der "Kurier" setzt stark auf gut etablierte Beilagen wie "Freizeit" und "Immo", aber auch auf Themenprodukte - zum Beispiel über Gesundheit. Für Unternehmen sind solche Beilagen attraktiv, weil sie hier punktgenau Werbung für ihre Zielgruppen schalten können. Für die Verlage erschließen Beilagen ein weiteres Feld potenzieller Werbekunden. Die Kosmetik-Branche etwa inseriert kaum in Tageszeitungen, dafür umso lieber in magazin-artigen Beilagen, die allein aufgrund ihrer Hochglanz-Aufmachung für Werber viel attraktiver sind.

Standard und Kurier sehr aktiv

Der "Standard" fährt eine ähnliche Strategie. Anzeigenleiterin Dagmar Bachrich nennt drei Geschäftsbereiche: Beilagen wie das Lifestyle Magazin "Rondo", die von der Redaktion gemacht werden, Promotions mit Werbetexten, die nicht aus der Redaktion kommen - und Fremdbeilagen, die auch in mehreren Tageszeitungen erscheinen können. Die Preise variieren stark.

Das zeigen auch die Zahlen: Promotions und Fremdbeilagen machen jeweils weniger als zehn Prozent des Anzeigenvolumens aus, sagt Bachrich. Wie gut das Werbegeschäft rund um redaktionelle Beiträge läuft, hänge stark von der Glaubwürdigkeit der Marke ab.

Werbung wird anspruchsvoller

Verlage müssen ihren Werbekunden auch mehrere Ausspielwege für Werbung anbieten, um ihre Einnahmen zu sichern. Beilagen gibt es deshalb auch online. Wichtig seien zum Beispiel Anzeigen auf Branchenplattformen sowie Online-Communities oder Veranstaltungen zu einem speziellen Thema. Verlage müssten sich als Marke rundum positionieren, sagt Anja Hettesheimer, die als Geschäftsführerin der Medienagentur phd Werbung für ihre Kunden in Medien bucht: "One size fits all - das funktioniert nicht mehr. Man muss seine Zielgruppe viel besser kennen, man muss als Kunde unterschiedliche Segmente unterschiedlich ansprechen."

Hettesheimer glaubt, dass klassische Zeitungsbeilagen an Bedeutung verlieren werden. Medien müssten sich ein eigenes Profil geben und in das Hauptheft investieren. "Es ist sinnvoller, das gut zu machen, anstatt lauter Sonderhefte zu editieren. Qualität wird sich meiner Meinung nach immer durchsetzen", so Hettesheimer.

Auflagenschwund wirkt sich aus

Tatsächlich geht der Werbewert, den redaktionelle Beilagen den Tageszeitungen bringen, zurück. Vor 15 Jahren lag er noch bei rund 20 Prozent des gesamten redaktionellen Anzeigenumsatzes, heute beträgt er etwa 16 Prozent, sagt Klaus Fessel von Focus.
Die Vermarktungspreise sinken, weil Auflagen und Reichweiten sinken. Ganz klar zeigt sich: Je besser das Nischenprodukt, desto höhere Preise können Verlage für Anzeigen in ihren Beilagen verlangen. Das bestätigt auch Kurier-Anzeigenleiter Stefan Lechner und nennt den "Immo-Kurier" als Beispiel.

Mehr als nur Altpapier

Über den wirtschaftlichen Erfolg und Misserfolg von Beilagen entscheidet letztlich der Schütteltest: Wer liest, was aus der Zeitung herausfällt, wenn sie geschüttelt wird? Dazu gibt es Studien aus der Werbebranche, sagt Fessel. Diese würden zeigen, "dass in etwa ein Drittel der Konsumenten Werbematerial ablehnt oder es ungelesen wegwirft, aber zwei Drittel der österreichischen Bevölkerung setzen sich selektiv damit auseinander." Bei Beilagen sei dieses Verhältnis noch besser, glaubt Marktforscher Fessel. Ein relevantes, schön gemachtes Magazin hebt man sich demnach eher ein paar Tage auf. Aus Sicht der Werbekunden liegt das Geld dann also auf dem Küchentisch - und nicht im Mistkübel.

Weg zur Umgehung der Meldepflicht

Einen ganz anderen Vorteil, den Beilagen bringen können, hat die Plattform "Dossier" recherchiert: Beilagen könnten dabei helfen, das Medientransparenzgesetz zu umgehen – was für politische Inserenten durchaus interessant sein kann. Denn Inserate in Beilagen, die einen anderen Medieninhaber als das Trägermedium haben und die maximal drei Mal im Jahr erscheinen, müssen nicht gemeldet werden. Die Rechercheplattform hat solche Umgehungsstrukturen in mehreren Fällen dokumentiert, etwa beim SPÖ-nahen Fachverlag Bohmann, bei dem Medieninhaber und Erscheinungsfrequenz der Beilagen sich just kurz danach geändert haben, als das Gesetz in Kraft getreten ist. Hinter den verschiedenen Medieninhabern versteckten sich laut "Dossier" jedoch die selben Personen des Verlags. Einen ähnlichen Fall gab es bereits 2013 bei der Tageszeitung "Österreich". Auftraggeber war in beiden Fällen die Stadt Wien.

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