"… beim Frühstück im Café Prückel". Teilnehmerinnen der Internationalen Frauenstimmrechtskonferenz in Wien, in: "Österreichs Illustrierte Zeitung", 22. Juni 1913

VOLKSKUNDEMUSEUM

"Sie meinen es politisch!"

Volkskundemuseum feiert Frauenwahlrecht

Mit der Ausstellung "Sie meinen es politisch! - 100 Jahre Frauenwahlrecht in Österreich" feiert das Volkskundemuseum in Wien einen Meilenstein in der Gleichberechtigung von Männern und Frauen. Die Schau, die ab dem 8. März, dem Internationalen Frauentag, zu sehen ist, schafft Einblicke in die Kämpfe von Frauen um politische Mitbestimmung - von der Französischen Revolution bis in die jüngste Vergangenheit.

Morgenjournal | 05 03 2019

Sabine Oppolzer

Der 16. Feber 1919 war der Tag, an dem die Frauen in Österreich erstmals an der Wahlurne zugelassen waren. Die Forderungen nach Frauenrechten gehen aber schon auf die Zeit der Französischen Revolution zurück, wie die "Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin" zeigt, die Olympe de Gouges schon 1791 in den Straßen von Paris anschlug.

Demos und Politik - für Frauen "unsittlich"

Ein großformatiges Foto der Pariser Commune aus dem Jahr 1871 beweist, dass damals schon Frauen auf den Barrikaden standen. Eine ähnliche Barrikade aus Holzpaletten und Matratzen ist auch in der Mitte des zentralen Ausstellungsraumes aufgetürmt. Rundherum sind große Schwarzweißfotos von Straßenaufmärschen, die die Frauen der Jahrhundertwende in hochgeschlossenen weißen Blusen und engen Miedern zeigen.

Wahlrechtsdemonstration der SDAP

Wahlrechtsdemonstration der Sozialdemokratische Arbeiterpartei in Ottakring 1913

KREISKY-ARCHIV

Frauen auf der Straße galten als unsittlich, weshalb von dieser ersten Wahl Prostituierte ausgeschlossen waren, wie Kuratorin Corinna Oesch ausführt: "Arbeiterinnen und Dienstbotinnen waren natürlich auf der Straße unterwegs. Dem bürgerlichen Familienideal entsprach es aber, dass die Frauen zu Hause waren und sich der Familie und dem Haushalt widmeten. Frauen, die sich politisch betätigten und Demonstrationen besuchten kamen ebenso in sittlichen Verruf wie die ersten Politikerinnen."

Bewertung der Dienstboten und Haushalte

Mit den ersten Frauen im Nationalrat wurden frauenrelevante Gesetze verabschiedet, wie das "Hausgehilfengesetz" aus dem Jahr 1920, mit dem die "Dienstbotenbücher" abgeschafft wurden. Diese hatten die Funktion von Zeugnissen, in denen die Arbeitgeber aber nicht etwa die Fähigkeiten der Dienstboten vermerkten, sondern ihren Charakter.

"Treu, fleißig, sittsam" kann man da in einem ausgestellten Büchlein lesen. Als sehr persönliches Dokument sind hier auch die privaten handschriftlichen Aufzeichnungen eines Dienstmädchens zu sehen. Schon als Zehnjährige musste sie in fremden Haushalten dienen und vermerkte auf einem Zettel, wie lange und wo sie gearbeitet hatte. Sie kommentierte auch, wie die Haushalte für sie waren: "schlecht, schlecht, ok, mittelmäßig, Stress".

Berührende Dokumente

Immer wieder gibt es auch aktuelle Bezüge, wie ein "Slowakisches Wörterbuch für die Pflege zu Hause". Damit wird demonstriert, dass Hausarbeit heute vor allem von Migrantinnen erledigt wird. Außerdem wird das Gesetz zur 24-Stunden-Pflege thematisiert, das in dieses alte Hausgehilfengesetz eingriff und die Begrenzung der Arbeitszeit aufgehoben hat.

Es ist eine Schau voll berührender Dokumente und wunderbar gestaltet: Anhand eines kleinen Küchentisches, auf dem sich neben Nähmaschine und Laptop das Geschirr türmt, wird etwa die Mehrfachbelastung von Frauen veranschaulicht. Das Babytragetuch einer grünen Politikerin erinnert daran, welch ein Skandal es in den 1990er Jahren noch war, als sie im Parlament ihr Baby stillte. Kein Wunder, dass das Volkskundemuseum im Vorjahr mit dem österreichischen Museumspreis ausgezeichnet wurde.

Service

Volkskundemuseum - "Sie meinen es politisch! - Hundert Jahre Frauenwahlrecht in Österreich, 8. März bis 25. August 2019

Gestaltung

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