Mann mit Cowboyhut auf einem Pferd

POLYFILM

The Sisters Brothers

Western-Helden mit Selbstzweifeln

Zweifel am eigenen Tun gehören nicht gerade zur Grundausstattung von Revolverhelden im Wilden Westen. Im Western "The Sisters Brothers" ist das allerdings anders, denn auch routinierte Kopfgeldjäger können in eine Krise schlittern. Welche Konsequenzen das für zwei Brüder im Jahr 1851 hat, das schildert der Film mit Joaquin Phoenix und John C. Reilly in den Hauptrollen auf humorvolle Weise.

Morgenjournal | 12 03 2019

Arnold Schnötzinger

Wenn die Sisters Brothers einen Job annehmen, dann tun sie, was Auftragskiller eben tun: Sie verfolgen jemanden und töten ihn am Ende. Dazwischen aber - und das wird im traditionellen Western oft ausgeblendet - gibt es jede Menge Leerstellen. Auch Cowboys müssen essen, trinken, schlafen, sich mal in der Natur erleichtern, die Haare schneiden, dann wieder lange Ritte und viel Zeit zum Nachdenken über Gott und die Welt, oder auch schon mal das eigene Dasein.

Mann beim Goldschürfen

POLYFILM

Goldsuchen mit Chemie

Der Auftrag einen Chemiker zu finden, mit dessen Kenntnissen Goldsuchen zum Kinderspiel wird, dieser Erzzählfaden also ist nur ein Vorwand für die eigentliche Geschichte: Gespräche, mit denen Regisseur Jacques Audiard ("Ein Prophet" , "Dämonen und Wunder") den Menschen hinter den Figuren, also hinter den beiden ungleichen Brüdern herauspräpariert. Wer sind sie und wie ticken sie?

Joaquin Phoenix

POL

Rätselhafte Zahnbürste

Charlie Sisters (Joaquin Phoenix) hat mehr den Hang zum Konventionellen, wenn er sich im Saloon betrinkt und danach ein Duell provozieren will. Sowieso geht niemand darauf ein. Sein Bruder Eli (John C. Reilly) hingegen ist der sensible Cowboy, der um sein Pferd trauert, wenn es stirbt, der mit einer Prostituierten lieber reden als mit ihr schlafen will und der sich für die Errungenschaften der Zivilisation offen zeigt: Eine Zahnbürste im Gemischtwarenladen erregt sein Interesse.

70er Jahre Western als Inspiration

Aus den Gegensätzen beider Figuren spinnt sich der Erzählfaden wie von selbst fort. Die Demontage klassischer Heldenbilder und Mythen im Western ist keineswegs neu, erhält in der Version von Jacques Audiard aber eine erfrischend heitere Note. Inspiration hat sich Audiard, nach Eigendefinition gar kein Westernkenner, auch bei Genrevertretern der 70er Jahre wie "Little Big Manv und "The Missouri Breaks" geholt.

Cowboy-Melancholie

Gefährliche Hinterhalte, Goldsuche und Gier, Shoot-Outs, der Saloon und Whiskey, Pistoleros, die einen Ruf zu verteidigen haben, all diese Western-Motive machen die Helden letztlich müde. In der Sehnsucht nach einer Heimat, also einem Platz der Ruhe, liegt auch die Melancholie dieser Cowboy-Existenzen. Am Ende kommt man zurück zum Ursprung: Bei Mutti zu Hause ist es ja doch am Schönsten.

Gestaltung

  • Arnold Schnötzinger