Horst Lamnek

VANESSA MAAS

Oper

"Keiner weiß, wann wir wieder spielen werden"

Vor sechs Wochen stand der Wiener Bassbariton Horst Lamnek das letzte Mal auf der Bühne. Mit Arien aus Bachs Matthäuspassion gastierte er mit einem internationalen Ensemble im Auditorio Nacional de Musica in Madrid. Nach der Rückkehr nach Wien bekamen er und seine Kollegen alle Fieber.

Ein Anruf bei der Corona -Hotline beruhigte ihn nur wenig. Madrid galt zum damaligen Zeitpunkt noch nicht als "Hot-spot" der Pandemie , ein Test wäre nicht nötig. Mittlerweile ist der 43-jährige Sänger wieder gesund. Er könne nur vermuten, Covid 19 gehabt zu haben, sagt Horst Lamnek.

Schockstarre nach dem Shutdown

Der großgewachsene schlanke Bartträger studierte Gesang in Wien, ist Preisträger zahlreicher heimischer und internationaler Wettbewerbe und gastiert seit 2006 als freischaffender Künstler in fast allen Opernhäusern der Welt.

Als ihm das Ausmaß der Corona -Pandemie klar wurde, verfiel er in eine Art Schockstarre. Seit der Rückkehr aus Spanien wurden alle Termine bis zum Sommer abgesagt - in finanzieller Totalausfall. Er hofft darauf, dass das Engagement bei den Schlossfestspielen in Langenlois hält. Am 23.Juli soll er in der "Fledermaus" den Gefängnisdirektor Frank singen, eine seiner häufigsten Partien.

Ein Kollege von mir hat jetzt einen Gewerbeschein und fährt als Fahrradbote durch Wien - man muss offen bleiben und schauen, was passiert.

Viele seiner Kollegen aus den Opern- und Operettenfach stellen sich jetzt die bange Frage, wie es denn weitergehen könne. Die Veranstalter, die Opernhäuser können eventuell auf Gelder aus diversen Rettungsfonds hoffen. Was aber ist mit den Künstlern, die wie er selbständig sind und nur dann Gagen erhalten, wenn Aufführungen tatsächlich stattfinden. Das in seiner Branche übliche Mischverhältnis von freier Tätigkeit und anstellungsähnlichen Engagements macht die Auszahlung aus dem Härtefond kompliziert.

Wir sind alle Einzelkämpfer, jeder wurschtelt irgendwie für sich herum.

Hort Lamnek verweist darauf, dass es für seine Berufsgruppe keine Gewerkschaft gibt, keine Vertretung, die für ihre Rechte eintritt. Schwierigkeiten machten auch jene Aufführungen, für die zwar schon geprobt wurden, die nun aber nicht mehr zur Aufführung kommen konnten. Das Verschieben von Produktionen hilft den freischaffenden Künstler/innen im Augenblick allerdings nichts: "Wer zahlt die Gage, die wir jetzt gebraucht hätten und nicht erst in einem Jahr", so Lamnek.

Streaming zahlt keine Miete

Vom Streaming und Online-Konzerten aus dem Wohnzimmer könne er seine Miete nicht bezahlen, so kreativ das auch sein mag, bedauert der Bassbariton. Oper und Operette lebt vom Zusammenspiel vieler Menschen, im Orchestergraben kann man keinen Mindestabstand einhalten, ebenso wenig im Chor.

Unser Kernpublikum ist Risikogruppe; das war schon immer so.

Neuer Fokus

Er spiele derzeit mehr Klavier, als neue Partien einzustudieren, denn es fehlt die Perspektive. Auf dem Klavier liegen Noten von Skrjabin und Chopin. "Skrjabin ist so fürchterlich traurig und pessimistisch und trifft die derzeitige Situation. Chopin wiederum ist kraftvoll und hat dann doch wieder die hellen Momente, so dass es vielleicht wieder gut weitergehen kann".

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ORF.at - Freischaffende: Operngrößen fordern runden Tisch