Ilse Helbich

MIA EIDLHUBER

Diagonal

Die Frau mit den vier Leben - Ilse Helbich

98 Jahre ist die Schriftstellerin am 22. Oktober 2021 geworden.

Die Rede von den vier Leben, bezieht sich auf ein Diagonal-Thema, das die in Wien geborene Autorin, Mitte der 1990er Jahre, Radiomacher Wolfgang Kos vorgeschlagen und als Kuratorin mitproduziert hat: „Das Dritte Alter - Die Alten werden immer jünger oder das verlängerte Alter/Leben“.

Helbichs damaliger Redakteur: der junge Wolfgang Kos. Bereits Mitte der 1980er Jahre hatte er Helbich kennengelernt. Die Sendereihe Diagonal war gerade erst gegründet worden.

Vor meiner Diagonal-Zeit, nach meiner Wittgenstein-Zeit, hat mich persönlich sehr interessiert, ob es nicht hinter allen schon erkannten oder fast erkannten Naturgesetzen und physikalischen Theorien irgendeine geheime Kraft gibt, die sozusagen alles bewegt und die vielleicht jenseits der Kausalität steht.

Über die folgenden Jahre folgten mehrere Sendungen mit und von Helbich als Radio-Essayistin:

"Reisen Persien, Afrika überall", 1985. Eine Sendung zum Thema "Zwischenräume - über Intervalle, Abstandsverluste und das Undefinierte", 1996; oder auch über "Neue Parkideen - Aktuelle Tendenzen in der städtischen Freiraumgestaltung", 1998. Zwei Produktionen aber waren in unserer persönlichen Wahrnehmung so etwas wie redaktionelle Meilensteine: Die Sendung "Wittgensteins Erben - Über die anhaltende Wirkung eines Philosophen", 2002 und eben jene über "Das dritte Alter", 1993.

Sendungen, über die Wolfgang Kos in diesem Ilse-Helbich-Porträt berichten wird.

Ilse Helbich im Garten

MIA EIDLHUBER

Nun befindet sich Ilse Helbich - wenn man so will - in ihrem vierten Alter. „Wenn nicht sogar im fünften“, wie sie im Gespräch meinte. Für sie bedeutet das aber keineswegs einen letzten Abschnitt. Für sie ist auch dieser einer, der eine Zukunft hat.

Helbichs Hof

ORF/ANTONIA LÖFFLER

Diagonal hat die Autorin, vor kurzem in ihrer Wiener Wohnung getroffen, in die sie diesen Sommer nach einem Sturz und gebrochenem Bein und anschließender Operation umziehen musste. Denn eigentlich lebt sie in Schönberg am Kamp in Niederösterreich. Der alten Thurn- und Taxischen Poststation, die sie dort als über 60-Jährige gekauft und mit lokaler Expertise saniert hat, galt eines unserer Hauptaugenmerke für dieses Porträt. Helbich schrieb in ihrem Buch „Das Haus“, 2009, über eben dieses, doch es handelte, wie fast alles was die Autorin geschrieben hat, auch von ihr selbst.

"Das Leben ist dadurch, dass man ein Begrenzungsgefühl hat, unbeschreiblich schön".

Sätze wie diesen hört und liest man von Ilse Helbich viele. Dieser stammt aus der Ö1 Sendung "Menschenbilder".

Erst Ende der 1980er Jahre hat Ilse Helbich, als damals 65-jährige begonnen Prosa zu schreiben. Ihren ersten, autobiografischen Roman veröffentlicht sie 2003 im Alter von 80 Jahren: "Schwalbenschrift. Ein Leben von Wien aus". Er markiert einen (Aus)Bruch aus ihrem bisherigen Leben.

Ich habe dem Handke geschrieben, er hat mir geschrieben. Ich habe ihm mein Buch geschickt. Grenzland Zwischenland und da hat er mir zurückgeschrieben: "Liebe Frau Helbich, Ihr Buch ist ein sehr schönes Buch. Es hat eine zarte Wucht." Das habe ich sehr schön gefunden. Die zarte Wucht.

Ilse Helbich im Garten

MIA EIDLHUBER

Die Biografie dieser in Wien geborenen Schriftstellerin könnte also ungewöhnlicher, antizyklischer und spannender nicht sein, sowohl die private wie auch die schriftstellerische. Beide fanden eine unmittelbare Verbindung in ihrer schreibenden Tätigkeit.

Für "Diagonal" war Ilse Helbich über viele Jahre so etwas wie eine Korrespondentin, in jedem Fall Ideengeberin, faszinierende Gesprächspartnerin, Kritikerin und vor allem Radioautorin - Jahre vor ihrem Autorinnen-Debüt. Und auch für die aktuelle Sendung brachte sie sich energetisch mit ein, die endlich einmal nicht von ihr, sondern einmal über sie berichten sollte.

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