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MANFRED

Autor/in

George Byron (Großbritannien)

Produktion

BR (Übernahme)

Inhalt

"In der Stunde, in der Lord Byron starb", sagte sein Feuermeister und Mitstreiter Parry, "war eines der schrecklichsten Ungewitter, die ich je erlebt habe. Das Blitzen war furchtbar. Die Griechen, die sehr abergläubisch sind und allgemein glauben, daß solch ein Ereignis eintritt, wenn immer ein hoher oder, wie sie sagen, höchster Mann stirbt, riefen sofort aus: Der große Mann ist gestorben!" Das Leben George Gordon Noël Byrons (1788-1824). des einzigen Lords unter den britischen Dichtern der Neuzeit und des überragenden Genies der zweiten Generation der englischen Romantik, endete auf dem gepriesenen Boden von Hellas. "bei dem ruhmvollen Versuch, Freiheit und Ansehen dieses Landes wieder herzustellen", wie es in der Grabinschrift heißt. Sich rüstend für den griechischen Freiheitskampf wurde er vom Sumpffieber hingerafft.
Über Nacht berühmt machten ihn die beiden ersten Gesänge von "Childe-Harolds Pilgerfahrt" (1812), eine sentimentale Romanze, die in grandiosen Bildern festhält, was Byron an den Küsten des Mittelmeeres gesehen hat, der aber dessen, was er "im Labyrinth des Lasters genossen", müde geworden ist und "nach Bitternissen lechzt". In allem, was er findet, sieht er nur das Einst, erlebt er nur seine eigene Qual. Dieser berühmte byronistische Weltschmerz aber ist keine melancholische Maske wie bei späteren und dann vergessenen Nachahmern, sondern Ausdruck wirklicher Zerrissenheit und gleichzeitig das Charakteristikum der Helden in der langen Reihe seiner Versromanzen. In die gleiche Zeit fielen auch seine Parlamentsreden, die zur Überraschung mancher Verehrer von staatsmännischem Weitblick zeugen, seine Eheschließung, die rasch mit Scheidung endete, und jene Skandale, die ihn gesallschaftlich isolierten und zu einer neuen Reise zwangen, von der er nicht mehr zurückkomman sollte. Daß 1816 der gefeierteste Dichter Englands schmachbedeckt ins Ausland fliehen mußte, erweckt oft den - wie man heute weiß, manipulierten - Eindruch, als habe hier ein Rebell an den Grundlagen der Gesellschaft gerüttelt und sei von ihr mit der verdienten Ächtung bestraft worden.
In diesem innersten Exil, inmitten der majestätischen Schweizer Alpenwelt, entstand das bühnenscheue Drama "Manfred" (1817 vollendet): ein Selbstgespräch des Dichters, eine Abrechnung mit der eigenen, nur angedeuteten Schuld, ein Gegenstüch zu Goethes "Faust", und nicht ohne dessen Einfluß geschrieben. Alpen-, Geister- und Götterwelt fordert der Übermensch Manfred in die Schranken. Doch was er von den Geistern, die er rief, fordert, ist nicht Macht- oder Sinnenlust, sondern Vergessen. Die romantischen Elemente dominieren absolut. (WDR-Programmheft) (Produktionsjahr: 1982)

Sendedaten

19. Juni 1982 (Ü )