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JACKIE

Autorin

Elfriede Jelinek (Österreich)

Regie

Karl Bruckmaier

Produktion

BR (Übernahme)

Schnitt

Susanne Herzig

Ton

Wilfried Hauer

Mit

Marion Breckwoldt

Inhalt

(Sendung erfolgt in der Reihe "Hörspiel-Studio", Programm Österreich 1, 20.30h)
Für ihr Hörspiel "Jackie" erhält Elfriede Jelinek den diesjährigen Hörspielpreis der Kriegsblinden/ Preis für Radiokunst. Der Hörspielpreis der Kriegsblinden, der zu den renommiertesten Auszeichnungen für Hörspielautoren zählt, wird gemeinsam vom Bund der Kriegsblinden Deutschlands e.V. und der Filmstiftung Nordrhein-Westfalen getragen. Mit dem Preis wird laut Statut jährlich ein von einem deutschsprachigen Sender konzipiertes und produziertes Hörspiel ausgezeichnet, "das in herausragender Weise die Möglichkeiten der Kunstform realisiert und erweitert". (Produktionsjahr: 2003)
Entschließung der Jury: "Elfriede Jelineks Hörspiel "Jackie" zeigt, was ein Autor, eine Schauspielerin (Marion Breckwoldt) und Regisseur (Karl Bruckmaier) erreichen können, wenn sie auf die Kraft des Wortes vertrauen. Mit den im technischen Sinne sparsamen Mitteln eines Monologs, doch unter Mobilisierung des gesamten Reichtums dichterischer Sprache ersteht vor uns, allein durch das zu hörende Wort, das Bild einer so genannten Person der Zeitgeschichte, das an Sarkasmus wie aber auch an menschlichem Verständnis nicht zu übertreffen ist. Die Jackie Kennedy des Stückes von Elfriede Jelinek ist Opfer und zugleich Nutznießerin der Verhältnisse, in die sie hineingeboren ist, ihr Leben eine Tragödie wie auch ein einziger zynischer Auftritt um ein existenzielles Nichts herum. Die Dichterin leiht dieser Jackie ihre unbarmherzige Intelligenz für die Durchleuchtung ihres Lebens, und bei der müden Intonation dieses Selbstbespiegelungstextes lernen wir mehr als aus psychologischen oder soziologischen Untersuchungen etwas über die Inszenierung von Existenzen im dauernden Scheinwerferlicht der Medien. Eine Tote und Untote, ein Mediengespenst und ein Zombie spricht mit wegwerfender Kälte zu uns, doch so widerfährt Jacqueline Kennedy mehr Gerechtigkeit als durch sich einschmeichelndes Verständnis oder Gesellschaftskritik: Kritisiert werden hier nicht zuletzt die voyeuristischen Konsumenten dieses Schicksals."
Eine ehemalige Heroine Amerikas, ein längst verstorbenes Idol, ruft aus dem Jenseits die Toten an. Dabei erschafft sie ein Bild von sich selbst, sie prüft Inhalt und Form ihrer Rolle, sie inszeniert sich als Kunstwerk. Mit biografischen Fakten und einem permanenten Vergleich mit Marilyn Monroe, Jackies stärkster Gegenspielerin, umkreist Jelinek in ihrem Hörspielmonolog Jacqueline Bouvier (1929 - 1994), die Witwe des US-Präsidenten John F. Kennedy und des griechischen Milliardärs Aristoteles Onassis. Ein Leben voller Glanz und Glamour, Bedeutung und Behauptung, Schicksalsschläge und Schocks. Das konzentrierte Textgebilde zieht immer engere Kreise um die Person, äußert sich immer deutlicher über die Eigenwahrnehmung des Charakters, die Einschätzung des politischen und gesellschaftlichen Zeitgeschehens, die Analyse der Familienverhältnisse.
"'Ein Zombie hing am Glockenseil' hieß einst ein billiger italienischer Horrorfilm. Jelineks Zombie heißt Jackie und hängt am Glockenseil seiner Erinnerungen, sitzt auf einer Parkbank im Jenseits; wie 'Forrest Gump' hat dieser Zombie seinen Unterkiefer ausgehängt und lässt den Text laufen. Elfriede Jelinek nimmt diesen Zombie an, lässt ihn sich ausheulen, lässt ihn vertrackte Wortakrobatik treiben, lässt ihn die Schrecknisse eines Menschenlebens unbarmherzig im trüben Drüben wieder erleben. Die Regie vertraut sich dem Text ganz an, lässt ihn kreisen, gar rotieren, lässt ihn scheinbar sinnfrei mäandern bis zum Delirium; ideal für diesen Ansatz ist die Stimme von Marion Breckwoldt, die Jelineks Zombie-Sentenzen durch die Inszenierung wälzt als wären sie Bonmots, wie sie eben beim Kaffeeklatsch einer First Lady fallen. Schlechte Stimmung also im Jenseits, aber alle Anwesenden haben guten Grund dazu." (Karl Bruckmaier)
Das Theaterstück 'Jackie' ist die Episode 'Der Tod und das Mädchen IV' der Prinzessinnendramen von Elfriede Jelinek.
Elfriede Jelinek, 1946 geboren, ist Schriftstellerin, Hörspielmacherin und Übersetzerin. Neben Auszeichnungen wie u.a. dem Würdigungspreis der Stadt Wien für Literatur (1989), dem Georg-Büchner-Preis (1998) erhielt sie 2002 den Theaterpreis Berlin und den Heinrich-Heine-Preis. (Produktionsjahr: 2003)

Sendedaten

8. Juni 2004 (Ü, 55:33 min )