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RITZEN

Autor/in

Walter Kohl (Österreich)

Regie

Steffen Moratz

Musik

Steffen Greisinger

Produktion

Autorenproduktion (Übernahme)

Schnitt

Matthias Salmer

Ton

Matthias Salmer

Mit

Corinna Waldbauer

Inhalt

(Sendung erfolgt - zusammen mit dem Hörspiel "Verbrechen mit Vorbedacht" von Witold Gombrowicz - in der Reihe "Hörspiel-Studio", Programm Österreich 1, 20.30h)
"Tut gut, wenn es weh tut", sagt Fritzi und ritzt sich mit einem kleinen Messer in die Haut - dann kann ein winziges Stück von ihrer kaputten Welt nach draußen. Fritzi: 14 Jahre, missbraucht, unverstanden, haltlos. Fritzi will raus aus ihrer Haut, durch die Ritzen, die sie sich in den Körper schneidet. Mit der Welt kommunizieren kann nur eine imaginäre Fritzi - im virtuellen Raum des Internet erfindet sie sich neu, schreibt Liebesbriefe und lebt in sexuellen Fantasien. Bis die echte Welt sie wieder einholt.
"Ritzen" entstand als Theaterstück aus Gesprächen mit einer Betroffenen. Ein Monolog über die Schwierigkeiten, Gefühle zu kommunizieren in einer Welt, die scheinbar alle Möglichkeiten zur Interaktion bereithält. Ein Text, der nach den Verwundungen hinter den Wunden sucht... (Programmheft DLR)
Alternativ:
Fritzi ist 14, eine wie viele in den Chatrooms des World Wide Web. Vor den anonymen Augen der Welt, die per Webcam zuschauen, ritzt sie ihre Unterarme auf. Durch die Hautritzen findet sie einen Weg zu sich selbst und zu ihrer Geschichte. Diese schmalen Ritzen sind ihr Ausweg aus einer Welt, in der Kommunikation kein Miteinander ist und Berührung nur schmerzt. In ihrem Selbstgespräch mit dem Web entblättert sie fragmentarisch ihr Leben: der HIV-positive Freund, die Flucht nach Italien, Polizei- und Psychiatrie-Erfahrungen sind die Bruchstücke, in die der Autor keine besserwisserischen Erklärungsmuster einschiebt. Walter Kohls Stück basiert auf authentischem Material. Das Aufritzen der eigenen Haut hat sich neben Bulimie und Magersucht zum ernsten Problem Pubertierender entwickelt.
(Quelle: Theaterfestival Triangel, Konstanz - Theater der jungen Welt, Leipzig)
Ein Mädchen sitzt vor einer webcam und ritzt sich Wunden in ihren Unterarm. Sie redet zu ihren unsichtbaren Beobachtern, spielt über Internet-Verbindungen mit Männern, provoziert sie mit ihrer lasziven Redeweise und schickt ihnen ihren Hass als e-mail-Botschaft. Sie erzählt davon, wie sie von Zuhause abgehauen ist, von Männern ausgenutzt und missbraucht wurde, aber auch von der Liebe und Geborgenheit, nach der sie sich sehnt. Der österreichische Schriftsteller Walter Kohl versetzt uns mit seinem verstörenden, sehr authentischen Stück in die Welt einer Jugendlichen, die ihr keinen festen Halt und keine Problemlösungen anzubieten hat. Das Stück thematisiert darüber hinaus das Phänomen, dass in der heutigen medialen Welt die Grenze zwischen Intimität und Öffentlichkeit immer mehr verschwimmt. Alles, was nicht in den Medien ist, existiert praktisch nicht mehr. Jeder ist deshalb auf der Suche nach medialem Feedback. Die Protagonistin dieses Stückes liefert dem imaginären Zuschauer eine Selbstinszenierung zwischen Verzweiflung und Exhibitionismus.
(Quelle: Theater Vorpommern, Greifswald)
(Produktionsjahr: 2003)
Walter Kohl: geboren am 8. Februar 1953 in Linz. Journalist und Schriftsteller. Lebt in Puchenau / Oberösterreich. Bücher: Katzengras. Die Geschichte eines Alkoholikers. Steyr: Ennsthaler, 1993. "Ich fühle mich nicht schuldig". Georg Renno, Euthanasiearzt. Wien: Zsolnay, 2000. Stücke: Arbeit. Krokodilsbraut. Linz: Theaterkeller, 1995. Sonst wird dich. Einakter. Linz: Theaterkeller, 1995. Hörspiel: Saugruft. ORF-OÖ, 1994.

Sendedaten

10. August 2004 (Ü, 36: min )