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Jacques der Fatalist

Autor

Denis Diderot (Frankreich)

Regie

Gert Westphal

Bearbeitung

Walter Schlorhaufer

Produktion

ORF-T (Neuproduktion)

Inhalt

Der Diener Jacques und sein adliger Herr reisen mit unbestimmtem Ziel und ohne ersichtlichen Zweck zu Pferd durch Frankreich. Die beiden diskutieren, wenn sie nicht gerade über die amourösen Abenteuer des Dieners plaudern, bei jeder sich bietenden Gelegenheit über das Problem der Willensfreiheit. Paradoxerweise ist der welterfahrene, tatkräftige und vorwitzige Jacques Anhänger eines stoischen Fatalismus und betont bei allem, was passiert, dies habe in der großen himmlischen Schicksalsrolle geschrieben gestanden ("c'était écrit lâ-haut"), während sich sein langweiliger und schläfriger Herr zur Freiheit des Willens bekennt, ohne von ihr im Leben wirklich Gebrauch zu machen. Aus diesen gegensätzlichen Ansichten und Temperamenten entwickelt Diderot eine stark mit sozialkritischen Elementen durchsetzte Darstellung des Herr-Knecht-Verhältnisses. Der Herr 'wusste nicht, was er ohne seine Uhr, ohne Tabaksdose und ohne Jacques anfangen sollte. Das waren die drei großen Hebel seines Lebens, welches er damit zubrachte: Tabak zu nehmen, nachzusehen, wieviel Uhr es sei und Fragen über Fragen an Jacques zu richten'. Die dritte Hauptperson, der Erzähler, befindet sich gleichfalls in einem Dilemma zwischen Notwendigkeit und Freiheit. Einerseits verfügt er über die Freiheit, die Geschichte nach seinem Belieben zu erzählen, auf der anderen Seite aber fühlt er sich streng der Wahrheit verpflichtet. Unbedeutende Zufälligkeiten, die in das Geschehen einbezogen werden, um den Anschein der Wirklichkeitstreue noch zu erhöhen, tragen entscheidend zu der von Diderot mit überlegener lronie gestalteten Vielschichtigkeit der Handlung bei.
Hegel, der ebenso wie Marx ein Kenner und Verehrer Diderots war, entfaltete nicht ohne Bezug auf 'Jacques le fataliste' die Dialektik von Herrschaft und Knechtschaft in der Phänomenologie des Geistes (1807), in der Gegenwart sieht Hans Hayer in Diderots Roman den Anfang einer dialektischen Gesellschaftsbetrachtung, aufs poetischste vermittelt, durch eine hintergründig-heitere Erzählweise voll doppelbödigem Humor.
(SR-Produktionsheft)

Sendedaten

26. März 1961 (NP, ca. 60: min )