Hörspiel Suche
Ein leichter Schmerz
Autor
Harold Pinter (Großbritannien)
Regie
Fritz Zecha
Übersetzung
Willy H. Thiem
Produktion
ORF-ST (Neuproduktion)
Ton
Franz Neubauer
Mit
Harald Harth (Edward)
Marianne Kopatz (Flora)
Inhalt
"Ein leichter Schmerz" verharrt in der kafkaesken, phantastischen Konvention und benutzt dazu, in höchst origineller Form, die Eigenheiten des Hörfunkmediums. Edward und Flora, ein alterndes Ehepaar, befinden sich offensichtlich in einer Krise ihrer Beziehung. Flora fühlt sich weiter aktiv, Edward, der Ambitionen als Schriftsteller hat, scheint darüber hinaus zu sein. Beim Frühstück drückt sich die Spannung durch triviales Gezänk über Worte aus. Edward ist beunruhigt, daß seit einigen Tagen ein Zündholzverkäufer am Gartentor seine Waren feilhält, obwohl niemand dort je vorbeikommt. Flora besteht darauf, diesen Zündholzverkäufer, der im Verlauf des ganzen Stücks keinen Ton von sich gibt, hereinzurufen. Sowohl Edward wie Flora enthüllen in ihren Versuchen, diesen stummen Menschen zum Reden zu bringen, ihre Ängste und Wünsche: Flora ihre sexuellen Phantasien, Edward seinen Schmerz in den Augen, der so etwas wie eine Vorahnung von Impotenz und Tod zu sein scheint. Das Stück endet damit, daß Flora den Zündholzverkäufer ins Haus nimmt, Edward das Tablett, auf dem der Zündholzverkäufer seine Ware anbietet, um den Hals hängt - und ihn aus dem Haus stößt. Diese Art von Rollen und Positionswechsel ist für Pinters Dramatik charakteristisch. Die Tatsache, daß der Zündholzverkäufer im Hörfunk sich durch kein Lebenszeichen bemerkbar macht, läßt die Frage offen, ob er eine reale Existenz hat und nicht etwa bloß den überhitzten Gehirnen der beiden Ehepartner entspringt, als Projektion ihrer tiefsten Wünsche und Ängste.
(Martin Esslin in: Kritisches Lexikon fremdsprachiger Gegenwartsliteratur)
(Alte Archivnr. 274+244)
Sendedaten
17. Mai 1966 (NP, 69:05 min )