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DIE TOTEN

Autor/in

Dieter Wellershoff (Deutschland)

Regie

Raoul Wolfgang Schnell

Produktion

SDR / WDR (Übernahme)

Inhalt

Wellershoff schreibt zu seinem Stück "Die Toten":
"Die Erfahrung kann einen überfallen. Sie ist ein plötzlicher Austausch zwischen Außen und Innen, in dem Moment, in dem der Panzer verrutscht. Oder aber es ist ein schleichender osmotischer Prozeß, der erst später das Bewußtsein erreicht. Ich habe versucht, ein Stück über die Erfahrung zu schreiben. Und jetzt merke ich, daß es mir schwerfällt, noch einmal darüber zu reden und den Vorgang begrifflich abzulegen. Vielleicht war einer der Ausgangspunkte die mich dauernd beschäftigende Frage, wie die persönliche Erfahrung eines Schriftstellers bedeutsam werden könne für andere und umgekehrt, wie man sich das allgemein zu eigen macht. Denn natürlich kann man dauernd von den Problemen der Gesellschaft reden und innerlich davon abgeschnitten sein.
Ich habe in diesem Hörspiel einen Schriftsteller dargestellt, der nach Tel Aviv fliegt, um einen Vortrag zu halten, aber verstrickt ist in seine eigenen privaten Probleme. Nicht die Geschichte dieser Reise wird erzählt. Sie endet nämlich nicht, sie hält an als ein Zustand der Entrückung. Und gleichzeitig findet dieser Austausch von innen und außen statt, den ich eine Erfahrung nenne. Dieser Mann sieht einen Film über Tote in einem Massengrab. Und dieses Bild vermischt sich mit seiner intim-persönlichen Erfahrung der Umarmung. Eins wird durch das andere wahrnehmbar und erscheint, sich spiegelnd, fremd und verstehbar, nah und fern zugleich.
Das Schreiben dieses Hörspiels war ein heilsamer Vorgang. Ein Gefühl von Bodenlosigkeit hat mich dabei begleitet, wie ich es bei der Darstellung des Fliegens zu realisieren versuchte; und bevor ich so weit war, daß die individuelle Sphäre und die allgemeine sich durchdrangen, war da lange ein blinder Fleck."
(Prod.Jahr: 1971)

Sendedaten

3. April 1973 (Ü )