Gedanken für den Tag

"Zum 100. Geburtstag von Mutter Teresa" von Gabriele Schuchter

Als "Engel der Armen" wurde Mutter Teresa immer wieder bezeichnet. Vor genau 100 Jahren wurde sie in Mazedonien geboren. Die Ordensfrau und Gründerin der "Missionarinnen der Nächstenliebe" kümmerte sich besonders um Sterbende, Waisen und Kranke in Indien. 1979 erhielt Mutter Teresa für ihre Arbeit den Friedensnobelpreis.

Die Schauspielerin Gabriele Schuchter hat ein halbes Jahr als freiwillige Helferin bei Mutter Teresa in Kalkutta mitgearbeitet und bezeichnet dies als eine prägende Zeit in ihrem Leben.

Wenn ich einen ganz kostbaren Preis für tätige Nächstenliebe vergeben könnte, würde ich ihn dem jungen Mann mit den großen schwarzen Augen zukommen lassen, der den ganzen Tag nichts als Wäsche wusch. Mit der Hand. Im Innenhof des Heimes der Mutter-Teresa-Schwestern in Indien, in dem ich damals ehrenamtlich mitarbeitete. Verschmutzte Stoffwindeln, aber nicht von Kleinkindern oder Babys. Auch schwere Filzdecken, die die abgemagerten, kraftlosen Menschen wärmen sollten, die ihre Verdauung nicht mehr unter Kontrolle hatten. Dass dort Durchfall-Erkrankungen an der Tagesordnung sind, brauche ich nicht zu sagen. Nie war Ekel in seinem Gesicht zu sehen, mit hingebungsvoller Geduld reinigte er alles gewissenhaft, und es gab den ganzen Tag hindurch keine wirkliche Pause für ihn. Wir freiwilligen Helfer mussten sehr diszipliniert sein, um nur den Geruch zu ertragen - er aber entfernte jeglichen Schmutz, bis nichts mehr davon zu sehen war. In seinem Gesicht trotz allem: Strahlen.

Auch andere freiwillige Helfer in Kalighat sind sozusagen Einheimische, die dort eine Aufgabe erfüllen. Etwa die reiche Dame, die jeden zweiten Tag kam, um Verbände zu ordnen. So wollte sie sich für ihre Wiedergeburt im nächsten Leben eine gute Basis schaffen. Sie kam nicht in Berührung mit den kranken Menschen, half ihnen aber auf diese Weise. Wir wurden alle zur Hochzeit ihrer Nichte geladen - ein Fest, das alle Fantasien von 1001 Nacht übertraf. Oder die kleine Hazel, die schielende Inderin mit den flinken Augen - sie kontrollierte und beobachtete alles ganz genau, rührte aber selber keinen Finger. Aber wehe man machte irgendetwas falsch - dieser Blick!

Etliche Frauen waren mit dem Kochen auf dem offenen Feuer beschäftigt. Direkt neben den Kranken - Reis und Gemüse in riesigen Kupfertöpfen, immer genug für jeden. Schwere Arbeit für alle, aber nie hatte ich den Eindruck von Widerwillen oder auf die Uhr schauen. Die Menschen sind dort füreinander da, jeder wie er kann.

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