Radiogeschichten

"Wer bist du?" Von Giovanni Papini. Aus dem Italienischen von Angelika Hocke-Asam. Es liest Hans Piesbergen. Gestaltung: Stefanie Zussner

Irgendetwas musste geschehen sein, denn eines Morgens erhielt er weder Briefe noch die tägliche Zeitung. Neben dem tagelangen Ausbleiben der Post wollte ihn plötzlich niemand mehr kennen, weder Freunde noch Bekannte. Hatte er sich, ohne es zu merken, mit einer furchtbaren Schuld beladen? Sich allein zu fühlen auf der Welt, von allen verlassen, das schien ihm beängstigender als der Tod. Die Beantwortung einer Frage schafft schließlich Klarheit, aber das Unerklärliche hat auch Spuren hinterlassen.

Der 1881 in Florenz geborene italienische Schriftsteller Giovanni Papini war einer der Mitbegründer der programmatischen futuristischen Zeitschrift Lacerba (1913). Anfangs dem Pragmatismus und Futurismus zugewandt, dominierte später religiöses Schreiben Papinis Werk. 1935 bekam er eine Professur für italienische Sprache und Literatur an der Universität Bologna, 1956 starb der geachtete Gelehrte Papini in Florenz.

Papinis Erzählungen sind von Autoren wie Edgar Allan Poe geprägt. Wie kaum ein anderer fantastischer Autor geht Papini in seinen Arbeiten auf die inneren Widersprüche des Menschen ein und arbeitet dessen Potenzial zur Selbstzerstörung heraus, präsentiert aber fast nie allgemeingültige Lösungen.

Jorge Luis Borges vermutet, dass Papini zu Unrecht vergessen ist. Seine Erzählungen "stammen aus einer Zeit, in der die Menschen zu Melancholie und Untergangsstimmung neigten; Melancholie und Untergangsstimmung gibt es immer noch, nur hüllt die Kunst sie heute in andere Verkleidungen ..."

Service

Giovanni Papini, "Wer bist du?" aus "Der Spiegel auf der Flucht". Erzählungen, Edition Büchergilde 2008 (Die Bibliothek von Babel, Band 19).

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