Radiokolleg - Pollen im Anflug

Die Kraft des Blütenstaubes (4). Gestaltung: Barbara Zeithammer

"Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus" - mit dieser Zeile beginnt ein Gedicht des deutschen Lyrikers Emanuel Geibel, das dem Wonnemonat Mai gewidmet ist. In die Freude über die in voller Blüte stehende Natur mischt sich für immer mehr Menschen das Leid der Allergien: geschwollene Augen, juckende, rinnende Nase, Hustenreiz, Asthma. Rund eine Million Österreicher sind Pollenallergiker und immer mehr Menschen sind betroffen.

Wird der Pollen "aggressiver", wie man so häufig liest? Oder wirkt der Blütenstaub in der abgasreichen Luft der Städte anders als auf Wiesen und im Wald? Steigt der Allergengehalt durch die Stressbelastung der Pflanzen? Wie weit kann der Pollen fliegen? Forscher sammeln die Pollenkörner von Bäumen, fangen sie mit speziellen Fallen aus der Luft und züchten Pflanzen mit hohem Allergiepotenzial in speziell abgedichteten Klimakammern, um diese Fragen zu klären.

Im April haben Birken Hochsaison; ab Mai fliegt der Pollen der Gräser, der bei Allergikern zum lästigen Heuschnupfen führt. Hasel und Erle sind die Vorboten des Frühlings im Jänner und Februar; bis Ende Oktober dauert die Pollensaison. Pollenwarn- und Wetterdienste messen und berechnen die Belastung für Allergiker. Ein wesentlicher Bestandteil der Allergie-Behandlung ist die spezifische Immuntherapie, die vor genau hundert Jahren erstmals eingesetzt wurde und nach wie vor die einzige therapeutische Möglichkeit ist, die nicht die Symptome, sondern die Ursache der Erkrankung angreift. Allergiker sollten den Kontakt mit den Allergenen vermeiden, doch das ist nicht möglich: der Blütenstaub ist überall, jeder Raum hat sein ganz eigenes Pollenprofil und das macht sich die Forschung zunutze.

"War ein bestimmter Gegenstand, war eine bestimmte Person an einem bestimmten Ort - ja, oder nein?" - so lautet eine der klassischen Fragen der Forensischen Palynologie, der Aufklärung von Verbrechen mit Hilfe von Pollenkörnern und Sporen. Es war ein Österreicher, dem die weltweit erste Klärung eines Kriminalfalles mit den Methoden der Forensischen Palynologie gelang.

Palynologen arbeiten nicht nur mit der Polizei zusammen, sie unterstützen auch Archäologen und rekonstruieren aus den Pollenkörnern das Klima der vergangenen Jahrtausende. Aus Gesteinen und aus dem Eis der Antarktis wird Pollen isoliert, der mehrere Millionen Jahre alt ist. Pollenkörner sind nahezu unverwüstlich und somit auch wertvolle Zeugen der Geschichte des Planeten.

Der Pollen ist im Anflug; 2011 soll ein "Rekordjahr" werden. Einen Ausflug in eine fantastische, bizarre Welt unter dem Mikroskop unternimmt Barbara Zeithammer.

Service

Hesse / Halbritter / Weber / Buchner /Frosch-Radivo / Ulrich: Pollen Terminology. 2009, Springer Verlag, (ein Fachbuch)

Forschungsgruppe Aerobiologie und Polleninformation an der HNO Klinik der Medizinischen Universität Wien
Pollenwarndienst
Homepage

Allergie-Ambulatorium Rennweg
Rennweg 28
A-1030 Wien
Tel.: 01-798 10 55
Homepage

Evangelisches Krankenhaus Wien (EKH)
Hans-Sachs-Gasse 10-12
A-1180 Wien
Homepage

Christian Doppler Labor für Allergieforschung
Departement für Pathophysiologie und Allergieforschung
Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie
Medizinische Universität Wien
Währinger Gürtel 18-20
A-1090 Wien
Christian Doppler Labor
Allergieprogramm

Departement für Strukturelle und Funktionelle Botanik
Fakultätszentrum für Biodiversität

Palynologische Datenbank PalDat
Phänologie
Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG)

Interviewpartnerin
Martina Weber
Botanikerin, Palynologin, Forensische Palynologin
Departement für Strukturelle und Funktionelle Botanik
Fakultätszentrum für Biodiversität
Rennweg 14
A-1030 Wien
Department für Strukturelle und Funktionelle Botanik

Sendereihe