Gedanken für den Tag

28. Juni 2013, 06:56

Mein Eindruck, nach einem Vierteljahrhundert meines Lebens in Wien ist, dass Kroatien für die Meisten Assoziationen zu Urlaub, Sonne, Rekreation, Fisch vom Grill, Schwimmen weckt, aber auch zu langen Wartezeiten auf die Fähren, Kolonnenverkehr an den Grenzübergängen, unfreundlichen Kellnern, nervösen Taxilenkern. Man könnte stundenlang aufzähle. Wird sich mit dem Beitritt zur EU etwas ändern? Auf diese Frage habe ich schon unzählige unterschiedliche Antworten gehört. Die meisten der Antworten sind politischer oder wirtschaftlicher Natur. Ich stelle mir in diesem Zusammenhang dagegen die Frage: Sind denn die Menschen nicht erschaffen worden, um geliebt und Sachen, um benutzt zu werden? Ist denn das Chaos nicht dadurch entstanden, dass sich die Weltordnung gewendet hat und man anfing Sachen zu lieben und Menschen zu benützen? Warum bauen die Einen und zerstören die Anderen? Wird durch den Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union die Sonne anders scheinen, der Fisch einen anderen Geschmack haben, die romanischen Bauten zum Barock mutieren, die Kellner plötzlich freundlicher werden? Die Preise werden sich ändern.

In Zeiten dieser globalen Wirtschaftskrise, in der es keine Aussicht auf eine glanzvolle wirtschaftliche Zukunft gibt, wird es diese auch in Kroatien nicht geben. Ist denn unsere mentale Einstellung nicht imstande sich allein darüber zu freuen, dass es keine Grenzen mehr geben wird? Und sind diese Grenzen nicht ohnehin nur in unseren Köpfen festgesetzt worden? Sind wir nicht alle Einwohner und Einwohnerinnen Europas und haben wir nicht alle das Recht grenzenlos seine Schönheit zu bewundern und zu genießen?

Die Öffnung der Grenzen sollte die Ablehnung des Nationalismus, Patriotismus und, und, und ... bedeuten. Und das Erweisen des Respekts anderen Religionen gegenüber, denn der Glaube ist etwas sehr persönliches; Respekt gegenüber Minderheiten, denn diese gemeinsam bilden die Mehrheit. Einfach nicht vergessen, dass die Menschen erschaffen wurden, um geliebt zu werden. Und wenn nicht geliebt, dann zumindest respektiert.

Service

Tin Ujevic, Ante Stamac, Niksa Eterovic, Spielzeug der Winde / Igracka Vjetrova. Ausgewählte Gedichte und Prosa (Kroatisch-Deutsche Bibliothek) Verlag: Erasmus (1995)

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